Zwielichtige ÖPP-Geschäfte im Landkreis Kassel
Den Zeitungslesern wurden die im Rahmen sog. Öffentlich-Privater Partnerschaft (ÖPP) betriebenen Schulsanierungen im Landkreis Kassel als eine Art "Ei des Kolumbus" verkauft. Diese neuartige Finanzierungsform sei gegenüber einer herkömmlichen Kreditfinanzierung 5-10 % billiger und bei der Vergabe der Aufträge könne durch Verzicht auf Auschreibungen vorwiegend die "heimische Wirtschaft" bedient werden. - Die Realität spottet dieser Beschreibung.
Mit einer abenteuerlichen Rechtskonstruktion hat der Landkreis die betroffenen 18 Schulen im Rahmen des ÖPP-Geschäfts an die "OFB-Projektentwicklungsgesellschaft GmbH" verkauft und sogleich für 40 Jahre zurück gemietet. Die OFB ist eine Tochter der Hessischen Landesbank und finanziert sich mit "Fonds"-Kapital. Gegründet wurde die OFB von Jörg Jordan, Staatsminister a. D. und Parteifreund des amtierenden Landrats. Ihr Geschäftsführer ist Gerhard Grandke, Oberbürgermeister a. D. und gleichfalls Parteifreund. Im hoch bezahlten Beraterumfeld ("Consulting") der OFB sind weitere Parteifreunde tätig.
Ca. 200 Mio. Euro des fluktuierenden Finanzkapitals finden für 40 Jahre in den Schulen des Landkreises Kassel einen ruhigen Hafen. Ca. 600 Mio Euro fliessen aus den Kassen des Kreises an die OFB zurück. Die Rendite entspricht also bei weitem nicht der 25%-Vorgabe des Herrn Ackermann, aber sie ist beachtlich und vor allem sicher.
Für die Landkreis-Bürger stellen die Belastungen aus den OFB-Verträgen dagegen über Jahrzehnte eine schwere Hypothek dar. Weil ÖPP-Geschäfte teuer und mit zahlreichen juristischen Fallstricken versehen sind, hat ihnen deshalb eine Mehrheit der hessischen Gebietskörperschaften schon vor Beginn der jetzigen Niedrigzins-Phase eine Absage erteilt. Das Revisionsamt der Stadt Frankfurt hat in Bezug auf das dortige ÖPP-finanzierte "Bildungszentrum Ostend" festgestellt, dass ein Bau in Eigenregie billiger gewesen wäre. Und sogar die "Bauzeitung" stellt die "Frage nach dem Sinn dieser neuen Beschaffungsvariante,....die keiner Wirtschaftlichkeitsprüfung gegenüber konventioneller Vergabe unterzogen ist" (Ausg. 9, 3/2007).
Und auch im Hinblick auf die Förderung der "heimischen Wirtschaft" durch Ausschreibungsverzicht wissen wir inzwischen mehr, z. B. bei den Architektenaufträgen. Für 9 der 18 Schulen stammen die Pläne aus dem Büro eines Architekten, der zufällig ein Parteifreund und Bekannter des Landrats ist. Vier Schulen durfte das Büro der Architektenkammer-Präsidentin betreuen.
Die Kommunalpolitiker im Landkreis Kassel stört das alles nicht. Demnächst soll sogar eine komplette Schule, der Neubau der Gesamtschule Kaufungen, in "Öffentlich-Privater-Partnerschaft" gebaut werden. Ein Architektenwettbewerb ist nicht vorgesehen, der Auftrag ist schon vergeben.
Kommentare
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Gustav am :
Richard Kallok am :
Anonym am :
der Schule Betroffenen als ungleich kooperativer und profesioneller organisiert wahrgenommen wurde.
Nora 9)
Bernd am :
Wolfgang Ehle am :