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Das Leben tanzen

Foto: Kafrafoto
Bewegt und entschleunigt, auf mich selbst konzentriert und ganz ohne Worte in einer anderen (Tanz-)Welt: Mein erstes Mal beim Biodanza.
Als ich den Raum betrat, empfing mich das sehr freudige und herzliche Lächeln der Tanzleiterinnen, Christiane Rogl und Inge Gründer.
Inge Gründer und Christiane Rogl (Foto: Kafrafoto)
Im Hintergrund erklang stimmungsvolle Musik mit südamerikanischen Rhythmen. Das Licht war gedimmt und die Biodanza-Anleiterinnen hatten große weiße Kerzen angezündet. Die Farbe derer stand symbolisch für die von den Leiterinnen gewünschte Unvoreingenommenheit der Teilnehmenden gegenüber der Biodanza-Methode, erklärte uns Christiane Rogl im Eröffnungskreis.
Bis zu diesem Abend hatte ich noch nichts über Biodanza gewusst. Sinngemäß bedeutet „Biodanza“ der „Tanz des Lebens“. Dabei geht es um das Schaffen einer Verbindung von Ausdruckstanz und sinnlicher Erfahrung. Biodanza bietet Tänzerinnen und Tänzern die Möglichkeit, sich bewusst auf ihre inneren Bedürfnisse wie Glück und Harmonie zu konzentrieren und diese oder andere Emotionen für sich oder im Tanz mit der Gruppe zum Ausdruck zu bringen.
In diesem Eröffnungskreis, der Verbundenheit und Gemeinschaft ausdrückt, saß ich mit Menschen fast aller Altersstufen beisammen. Tabita, eine weitere Teilnehmerin und ich waren mit weniger als 35 Jahren die jüngsten in dieser Runde. Mich freute es zu sehen, dass viele Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts, teilweise auch kultureller Wurzeln wie selbstverständlich zusammenkamen.
Um nun ein Gefühl für seine Mitmenschen zu bekommen, instruierten uns die Tanzleiterinnen zu Anfang die Hände seiner linken und rechten Kreisnachbarn zu erfassen, sich sanft zur Musik wiegen zu lassen und sich selbst als auch die anderen wahrzunehmen. Dieser leichte Einstieg half mir sehr, mich auf das Konzept von Biodanza einzulassen: Danach zeigten die Anleiterinnen mögliche Bewegungen zur Musik und luden uns dazu ein, unsere eigene Kreativität zum Ausdruck zu bringen. Dabei entdeckte ich Biodanza als das Betreten einer anderen Tanzwelt, deren besonderer Wert es ist, keine gestellten Erwartungen durch Schrittfolgen oder Vorerfahrungen erfüllen zu müssen. Für mich war es neu, dass die Freiheit der eigenen Tanzweise und das individuelle Ausleben seiner Gefühle zur Musik im Vordergrund stand. Meine Schwierigkeit bestand im Zuge dessen vor allem darin, den Kopf auszuschalten und mich von meinen Überlegungen loszulösen, wie die anderen 17 Teilnehmer und die zwei Tanzleiterinnen über meinen Tanzstil denken könnten.
Auf diese Unsicherheit gingen Christiane Rogl und Inge Günter sehr aufmerksam ein und animierten uns als Gruppe, auf die anderen Mitglieder zuzugehen und sich auf eine körpersprachliche Art und Weise zu begrüßen. Manche winkten einander zu, andere wiederum tanzten kurz miteinander, ehe sie sich zum nächsten weiter bewegten. Auf diese Weise den Kontakt zu den anderen Mittanzenden herzustellen, empfand ich als sehr anregend.
Als ich mich beim nächsten Tanz umblickte, erkannte ich zudem schnell, dass jeder ganz vertieft in sich und mit sich selbst war. Es war sehr eindrucksvoll zu sehen, wie verschieden jeder zu demselben Lied tanzte. Manche ganz expressionistisch mit vollem Körpereinsatz, andere verhaltener in langsameren Bewegungen. Entschleunigt fühlte auch ich mich, als ich den Alltag gedanklich beiseite schob und mich ganz auf mich selbst konzentrierte.
Gerade die Abwechslung von langsameren Liedern zu schnelleren Takten war sehr erfrischend. Somit konnte ich in einem Moment Energie sammeln und im nächsten diese wieder voll ausströmen lassen. Kern eines Tanzes war es beispielsweise seine Hände, die jeder normalerweise als Mittel zum Zweck wie etwa zum Arbeiten nutzt, nun selbst zu spüren. Dies konnte in Form von aneinander reiben, oder dem darüber Streichen geschehen. Es war ziemlich ungewohnt sich so intensiv mit etwas so Selbstverständlichem wie den eigenen Händen zu beschäftigen. Es war aber auch sehr bereichernd, sich auf wirklich nur eine einzige Wahrnehmung zu fokussieren.
Ein anderer Tanz richtete sich an die Interaktion zwischen jeweils zwei Teilnehmern. Tabita und ich lehnten also Rücken an Rücken, hatten die Augen geschlossen und spürten schlicht die Präsenz des jeweils anderen, während wir uns zur ruhigen Musik miteinander bewegten. Es fühlte sich sehr harmonisch, und auch bekräftigend an, buchstäblich den Rücken gestärkt zu bekommen. Dafür, dass wir uns vorher überhaupt nicht kannten, hatten wir tatsächlich sehr schnell eine freundschaftliche Verbindung zueinander aufgebaut.
Mit Tänzen in unterschiedlicher Geschwindigkeit, Personenkonstellationen, der Konzentration auf verschiedene Körperteile, allein, gemeinsam oder mit der gesamten Gruppe waren die 90 Minuten sehr abwechslungsreich gefüllt und vergingen wie im Flug. Im Abschlusskreis hielten wir uns als gesamte Gruppe wieder an den Händen und bewegten uns, bis die letzten Töne verklungen waren, wie ein einziges großes Wesen durch den ganzen Raum.

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