"Ich habe so viele Ideen"
Der vielfach ausgezeichnete Kinder- und Jugendbuchautor Paul Maar ist der diesjährige Grimm-Professor der Universität Kassel. Über den Autor, seine Kindheit und Literatur für die Kleinen.
"In erster Linie fühle ich mich als Kinder- und Jugendbuchautor", hob Paul Maar beim Pressegespräch anlässlich der Verleihung an. "Vor dem Hintergrund, dass die Grimm-Professur meist an Autoren vergeben wird, die für Erwachsene schreiben, ist es für mich etwas sehr Besonderes", sagt der vielfach prämierte Kinder- und Jugendbuchautor zu seiner neuen Auszeichnung. Am neunten Juni hielt er im Gießhaus der Universität Kassel seinen Antrittsvortrag "Maar und Märchen".
In den Werken des Autors finden sich häufig Verweise auf Märchen. Als Vater und Großvater findet er diese jedoch nicht immer für Kinder geeignet. Denn trotz mitunter grausamer Darstellungen werde das Böse nicht immer bestraft und das Gute sei nicht der stets triumphierende Sieger. "Man kann bei Märchen eine gute Auswahl treffen und mit den Kindern nach dem Vorlesen über den Inhalt sprechen und Manches relativieren", sagt Paul Maar, dessen Lieblingsmärchen in der Kindheit "Der Eisenhans" war. Eine Geschichte bei der sich ein Gärtner des Königs als Prinz mit goldenem Haar entpuppt. Diese Vorliebe führt der Autor auf die Erziehung des autoritären Vaters zurück, der seinem Sohn keine größeren Fähigkeiten oder Talente eingestand und es diesen auch deutlich spüren lies.
"Viel von meiner Kindheit"
Selbst Lesen war Paul Maar nicht erlaubt. "Mein Vater konnte es nicht ertragen, mich lesen zu sehen", berichtet der Autor. Er las heimlich mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke oder versteckte Bücher, die er im Amerika Haus ausgeliehen hatte, bei einem Klassenkameraden und las sie, während dieser mit seinem Bruder draußen Fußball spielte. Es waren Übersetzungen von Autoren wie Hemingway, Bücher für Erwachsene, die er nicht immer verstehen konnte. Sein Vater besaß nur zwei Bücher. Eines davon war das Sprach-Brockhaus, welches Paul Maar besonders lieb und teuer war, da er eine Inschrift mit dem Namen seiner verstorbenen Mutter in sich trug. Das Einzige, was von ihr zurückgeblieben ist. Die Ausgabe besitzt der Autor noch heute und zitiert sie in seinem neuen Buch "Der Galimat und ich".
Die schwierige Kindheit voller autoritärer Erziehungsmaßnahmen, Vorschriften und Demütigungen nahm nach dem Abitur ihr Ende. Paul Maar zog aus, um an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart zu studieren, und ging seinem Vater bis zu dessen Demenzerkrankung aus dem Weg. Jedoch fanden seine Erfahrungen einen Weg in die Bücher: "In meinen realistischen Büchern erzähle ich sehr viel von meiner Kindheit."
Kinder - ein anspruchsvolles Publikum
Und sein nicht immer ganz einfaches und bisweilen sehr kritisches Publikum nimmt diese Geschichten dankend an. "Ich würde den Erwachsenenautoren auch mal wünschen, vor Kindern zu lesen", berichtet Paul Maar. Die Kinder sind dem Autor zu Folge kritischer und spontaner. Langweilt man sie, so bleiben sie nicht aus reiner Höflichkeit ruhig sitzen, sondern suchen sich eine attraktivere Beschäftigung. Paul Maar erinnert sich an eine Lesung, bei der er 800 Kinder und Erwachsene eine ganze Stunde lang unterhalten durfte. "Man fühlt sich danach wie Michael Jackson nach einem Konzert. Es ist unglaublich befriedigend", so der Autor. Doch sein Publikum verändert sich mit der Zeit. Die Kinder sind leichter abzulenken. Ihre Kindheit ist wohlbehüteter und beschützter, da es kaum noch Familien mit vielen Kindern gibt und die Eltern ihre Aufmerksamkeit auf ein Kind konzentrieren. Auch das Leseverhalten unterliegt einem Wandlungsprozess. Während die Kinder in der vierten Klasse schon Jugendliche sein wollen und Jugendbücher lesen, wünschen sich die Kinder in der zweiten Klasse Erst-Leser-Bücher mit einer reicheren Bebilderung und großer Schrift. So entstand die Idee, die Sams-Bücher in kleine Geschichten zu gliedern und für Erst-Leser aufzubereiten. "Es gibt außerdem Grundthemen, die vor 30 Jahren aktuell waren, heute aktuell sind und in 30 Jahren aktuell sein werden", berichtet der Autor. Ein Beispiel für eine solche Thematik ist die Grundangst des Kindes, dass die Eltern sich trennen könnten.
"Das innere Kind gut bewahrt"
Diese Grundängste der Kinder erkennen, ihre Wünsche und Reaktionen auf bestimmte Inhalte abschätzen, darin erkannte Paul Maar sein Talent. Zunächst schrieb er für Erwachsene. Als ihn jedoch die Bücher, die er seinen Kindern vorlas, nicht zufrieden stellten, beschloss er, sich als Kinder- und Jugendbuchautor zu versuchen. "Ich habe mir mein inneres Kind gut bewahrt", berichtet der Autor. Sein Ziel ist es Kinder gut zu unterhalten, ihnen beizubringen, mehr Lebensfreude zu gewinnen und sich mehr zuzutrauen. Die pädagogischen Hintergründe stehen für Paul Maar jedoch nicht an erster Stelle. Eine gute Zeit sollen die Leser mit seinen Werken verbringen. Dafür hat der Autor schon viele weitere Ideen. "Ich habe schon die nächsten drei Bücher im Kopf", sagt der 77-jährige Paul Maar. Eines davon wird "Ein Buch mit schrägen Märchen" sein, eine Art Märchenparodie. Schon bald wird der Autor sich aufs Land zurückziehen, wo er weder Handy noch Fernseher hat und sich in einer disziplinierten und konzentrierten Arbeitsweise seinen neuen Projekten widmen will, um Kindern und Jugendlichen neuen Lesestoff bereitzustellen. Der Autor selbst greift jedoch selten zu dieser Art der Literatur: "Wenn ich mal Zeit habe, lese ich ein Erwachsenenbuch."
In den Werken des Autors finden sich häufig Verweise auf Märchen. Als Vater und Großvater findet er diese jedoch nicht immer für Kinder geeignet. Denn trotz mitunter grausamer Darstellungen werde das Böse nicht immer bestraft und das Gute sei nicht der stets triumphierende Sieger. "Man kann bei Märchen eine gute Auswahl treffen und mit den Kindern nach dem Vorlesen über den Inhalt sprechen und Manches relativieren", sagt Paul Maar, dessen Lieblingsmärchen in der Kindheit "Der Eisenhans" war. Eine Geschichte bei der sich ein Gärtner des Königs als Prinz mit goldenem Haar entpuppt. Diese Vorliebe führt der Autor auf die Erziehung des autoritären Vaters zurück, der seinem Sohn keine größeren Fähigkeiten oder Talente eingestand und es diesen auch deutlich spüren lies.
"Viel von meiner Kindheit"
Selbst Lesen war Paul Maar nicht erlaubt. "Mein Vater konnte es nicht ertragen, mich lesen zu sehen", berichtet der Autor. Er las heimlich mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke oder versteckte Bücher, die er im Amerika Haus ausgeliehen hatte, bei einem Klassenkameraden und las sie, während dieser mit seinem Bruder draußen Fußball spielte. Es waren Übersetzungen von Autoren wie Hemingway, Bücher für Erwachsene, die er nicht immer verstehen konnte. Sein Vater besaß nur zwei Bücher. Eines davon war das Sprach-Brockhaus, welches Paul Maar besonders lieb und teuer war, da er eine Inschrift mit dem Namen seiner verstorbenen Mutter in sich trug. Das Einzige, was von ihr zurückgeblieben ist. Die Ausgabe besitzt der Autor noch heute und zitiert sie in seinem neuen Buch "Der Galimat und ich".
Die schwierige Kindheit voller autoritärer Erziehungsmaßnahmen, Vorschriften und Demütigungen nahm nach dem Abitur ihr Ende. Paul Maar zog aus, um an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart zu studieren, und ging seinem Vater bis zu dessen Demenzerkrankung aus dem Weg. Jedoch fanden seine Erfahrungen einen Weg in die Bücher: "In meinen realistischen Büchern erzähle ich sehr viel von meiner Kindheit."
Kinder - ein anspruchsvolles Publikum
Und sein nicht immer ganz einfaches und bisweilen sehr kritisches Publikum nimmt diese Geschichten dankend an. "Ich würde den Erwachsenenautoren auch mal wünschen, vor Kindern zu lesen", berichtet Paul Maar. Die Kinder sind dem Autor zu Folge kritischer und spontaner. Langweilt man sie, so bleiben sie nicht aus reiner Höflichkeit ruhig sitzen, sondern suchen sich eine attraktivere Beschäftigung. Paul Maar erinnert sich an eine Lesung, bei der er 800 Kinder und Erwachsene eine ganze Stunde lang unterhalten durfte. "Man fühlt sich danach wie Michael Jackson nach einem Konzert. Es ist unglaublich befriedigend", so der Autor. Doch sein Publikum verändert sich mit der Zeit. Die Kinder sind leichter abzulenken. Ihre Kindheit ist wohlbehüteter und beschützter, da es kaum noch Familien mit vielen Kindern gibt und die Eltern ihre Aufmerksamkeit auf ein Kind konzentrieren. Auch das Leseverhalten unterliegt einem Wandlungsprozess. Während die Kinder in der vierten Klasse schon Jugendliche sein wollen und Jugendbücher lesen, wünschen sich die Kinder in der zweiten Klasse Erst-Leser-Bücher mit einer reicheren Bebilderung und großer Schrift. So entstand die Idee, die Sams-Bücher in kleine Geschichten zu gliedern und für Erst-Leser aufzubereiten. "Es gibt außerdem Grundthemen, die vor 30 Jahren aktuell waren, heute aktuell sind und in 30 Jahren aktuell sein werden", berichtet der Autor. Ein Beispiel für eine solche Thematik ist die Grundangst des Kindes, dass die Eltern sich trennen könnten.
"Das innere Kind gut bewahrt"
Diese Grundängste der Kinder erkennen, ihre Wünsche und Reaktionen auf bestimmte Inhalte abschätzen, darin erkannte Paul Maar sein Talent. Zunächst schrieb er für Erwachsene. Als ihn jedoch die Bücher, die er seinen Kindern vorlas, nicht zufrieden stellten, beschloss er, sich als Kinder- und Jugendbuchautor zu versuchen. "Ich habe mir mein inneres Kind gut bewahrt", berichtet der Autor. Sein Ziel ist es Kinder gut zu unterhalten, ihnen beizubringen, mehr Lebensfreude zu gewinnen und sich mehr zuzutrauen. Die pädagogischen Hintergründe stehen für Paul Maar jedoch nicht an erster Stelle. Eine gute Zeit sollen die Leser mit seinen Werken verbringen. Dafür hat der Autor schon viele weitere Ideen. "Ich habe schon die nächsten drei Bücher im Kopf", sagt der 77-jährige Paul Maar. Eines davon wird "Ein Buch mit schrägen Märchen" sein, eine Art Märchenparodie. Schon bald wird der Autor sich aufs Land zurückziehen, wo er weder Handy noch Fernseher hat und sich in einer disziplinierten und konzentrierten Arbeitsweise seinen neuen Projekten widmen will, um Kindern und Jugendlichen neuen Lesestoff bereitzustellen. Der Autor selbst greift jedoch selten zu dieser Art der Literatur: "Wenn ich mal Zeit habe, lese ich ein Erwachsenenbuch."
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