Hollywood und der nichterklärbare Krieg
Von Adolf Hitler weiß man, dass er sich auf dem Obersalzberg sehr gerne auch dekadente Westfilme vorführen ließ. Im Zweiten Weltkrieg haben sich etliche renommierte Regisseure auf beiden Seiten mit dem Propagandafilm beschäftigt. Am schönsten ist vielleicht die flammende Schlussrede der resoluten Königin in "Der Herr der sieben Meere" von Michael Curtiz. Es geht vordergründig um den bervorstehenden Krieg zwischen England und Spanien, die Anspielung ist aber 1940 leicht zu erkennen. Auch hier "entfernte Verwandtschaften" (Schivelbusch).
In der Fassung der deutschen Untertitel, da die Szene in der deutschen Ausgabe rausgeschnitten war: "Wir haben mit allen Mitteln versucht, diesen Krieg zu vermeiden. Wir liegen nicht im Streit mit dem Volk Spaniens oder anderer Länder. Aber wenn das rücksichtslose Streben eines Mannes die Welt bedroht, ist es die ehrenvolle Verpflichtung aller freien Menschen, zu beweisen, dass die Erde nicht einem Mann gehört, sondern allen Menschen. Und dass Freiheit unser Recht auf die Erde begründet, auf der wir leben. Verankert in diesem Glauben werden wir uns rüsten..." Usw. usf.
Fortsetzung folgt: Gestern seh ich die White House Crew vor einem Krimi sitzen, in dem zum Wohle der Menschheit ein Mensch und Staatsfeind Nr. 1 gekillt wird. Die Bundeskanzlerin und die Bild-Zeitung freuen sich narrisch. (Da müssen sogar die Kirchen sich gegenmelden: Liebe Deinen Nächsten usw.) Wir werden dann warten darauf, dass wir von dem Ende dieses "Schurken" noch ein paar gut geschnittene Schnipsel bekommen, damit das mediale Echtzeit-Gebot - wie beim Handy-Video vom Bashing - in erregte Nachempfindung mündet.
Wir sind wirklich in dieser Zeit angekommen. Ich entdecke in mir die Reste eines konservativen Bürgertums und seines Wunschdenkens, wie etwa der "Verkündigung des nahen Abschlusses eines Traktats zum ewigen Frieden..." (1796); ich sehne mich tatsächlich nach einem Minimum der versprochenen "Rechtsstaatlichkeit" - aber sie ist verschwunden. Dazu eine Verrohung der Sitten, für die Sensibilität schwindet. Traurige Zeiten.
Fortsetzung folgt: Gestern seh ich die White House Crew vor einem Krimi sitzen, in dem zum Wohle der Menschheit ein Mensch und Staatsfeind Nr. 1 gekillt wird. Die Bundeskanzlerin und die Bild-Zeitung freuen sich narrisch. (Da müssen sogar die Kirchen sich gegenmelden: Liebe Deinen Nächsten usw.) Wir werden dann warten darauf, dass wir von dem Ende dieses "Schurken" noch ein paar gut geschnittene Schnipsel bekommen, damit das mediale Echtzeit-Gebot - wie beim Handy-Video vom Bashing - in erregte Nachempfindung mündet.
Wir sind wirklich in dieser Zeit angekommen. Ich entdecke in mir die Reste eines konservativen Bürgertums und seines Wunschdenkens, wie etwa der "Verkündigung des nahen Abschlusses eines Traktats zum ewigen Frieden..." (1796); ich sehne mich tatsächlich nach einem Minimum der versprochenen "Rechtsstaatlichkeit" - aber sie ist verschwunden. Dazu eine Verrohung der Sitten, für die Sensibilität schwindet. Traurige Zeiten.
Kommentare
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aaa am :
Ihr Wahn vom Weltsouverän, den sie hier nun schon zum zweiten Mal aufwärmen, hat mit Aufklärung nichts zu tun (siehe: http://www.ca-ira.net/verlag/leseproben/scheit-wahn.weltsouveraen_lp-vorwort.html). Fakt ist, dass bin Laden und seine Anhänger eine Form des asymetrischen Krieges gewählt haben, der weder die UNO noch die pakistanische Polizei offensichtlich Paroli bieten konnten. Wer ausgerechnet beim Tod eines bin Ladens seine Sensibilität entdeckt und meint mit Schulhofkonzepten wie der Spirale der Gewalt den islamischen Terrorismus erklären zu können und auf der anderen Seite nur Hollywood und mordlüstige Killer sieht ist doch selbst hochgradig verroht. Warum keine Erleichterung, dass durch einen vergleichsweise relativ unblutigen Anti-Terroreinsatz vielleicht Terroranschläge mit tausenden Opfern vermieden werden können? Wieso keine Freude darüber, dass der menschenverachtenste Terrorchef von der politischen Weltbühne gehen musste? Die Tötung bin Ladens ist doch beides: einerseits die völlige Ausnahme und doch unspektakulär und wenig für Propagandazwecke ausschlachtbar, das sollte man den USA hoch anrechnen. Über Details, wie "hätte er in der konkreten Situation vielleicht doch festgenommen werden können" oder "hätten die Pakistanis eingebunden werden sollen", kann man doch auch mit einem kühleren Kopf und etwas mehr Informationen diskutieren.
MR am :
aaa am :
Jeder Verbrecher muss damit rechnen im schlimmsten Fall erschossen zu werden wenn er sich zum Beispiel bei einer Festnahme massiv zur Wehr setzt. Da genügt auch nur der Anschein man habe eine Waffe. Von einem Mafiaboss kann man noch erwarten, dass er sich im Zweifel eher für das eigene Leben entscheidet als für Gegenwehr, von bin Laden kann man das eher nicht.
ooo am :
Ich glaube nicht, dass die Terroristen "sinnlose Mordlust" antreibt, wie Sie schreiben.
Da gabs einen jüdischen Propheten, der hat gepredigt: liebet Eure Feinde. Wenn man nun die Terroristen mal als Feind sieht und sie vielleicht für einen winzigen Augenblick mal versucht "zu lieben", dann wird zumindest mir schnell klar, was hinter ihren Taten steckt: Hass nämlich, sehr sehr viel Hass.
Warum hassen sie uns?
- - -
Richard Kallok am :
Obama liess Osama bin Laden wegen, seiner unbewiesenen, Beteiligung an den Anschlägen vom 11.9. töten. Warum werden in den USA die Herren Bush,Cheney und Rumsfield, die bewiesenermassen vor 8 Jahren im Nebel einer gigantischen Lügenkampagne einen blutigen Raubkrieg gegen ein peripheres Öl-Land z. T. auch zur persönlichen Bereicherung nutzten, nicht vor Gericht gestellt? Warum laufen die Angehörigen der Blackwater-Mörderbanden, die im Irak auf Zivilisten wie auf Hasen schossen, frei und unbehelligt durch das Land? Warum wurden die verantwortlichen Politiker und Militärs für den elenden Giftgaskrieg der USA gegen das vietnamesische Volk, unter dem noch heute Tausende leiden, mit höchsten Orden ausgezeichnet? Warum gilt ein Henry Kissinger, der in Indochina Zehntausende durch einen brutalen Bombenkrieg massakrieren liess, bis heute in den USA als geehrter Elder-Statesman?
Können Sie eigentlich nicht verstehen, dass zwei Drittel der Weltbevölkerung beim Stichwort USA nicht an "Menschenrechte" denken, sondern an Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg.
aaa am :
Die Tötung Bin Ladens ist für mich keine Sache des Rechts sondern der Moral.
Richard Kallok am :
Also zur Sache: Da Sie keinerlei Probleme mit der Tötung Bin Ladens ohne Gerichtsverfahren haben, würden Sie denn sich mir zumindest mit der Auffassung anschliessen, dass es höchste Zeit wird, gegen das Trio Bush/Cheney/Rumsfield vor dem Internationalen Gerichtshof Anklage zu erheben?
aaa am :
Abgesehen davon halte ich es für politisch sehr verwerflich die Bush-Administration in die Nähe von Terroristen zu rücken.
Martin Reuter am :