Stellungnahme von Philipp Meyer, (Vorsitzender Die Kopiloten e.V.) zum Kommentar von Frank Thonicke in der HNA vom 29.09.2015
Der Kommentar vom Redaktionsleiter Frank Thonicke auf der Titelseite ist völlig daneben. Klar, ein Kommentar, nur eine Meinung - auch das gehört zum Journalismus dazu. Aber welch Bild zeichnet Thonicke dort mit seinem Kommentar? Welche Rolle spielt diese Äußerung in der aktuellen Debatte? Ich bin nicht nur gegen diese Meinung, ich halte sie für sehr gefährlich. Reflexartig Abschiebung zu fordern, wird der komplexen Problematik, die die "Gesamtsituation" mit sich bringt ebenso wenig gerecht, wie der Asylgesetzgebung in Deutschland im Speziellen. Welch Öl der Kommentar auf die Mühlen der Rechten und "besorgten Bürgerinnen und Bürgern" ist, zeigen die meisten der aktuell 509 Kommentare auf HNA.de.
"Ab nach Hause" zu fordern, ist polemisch und fasst den Tenor der mehr oder weniger offen geäußerten rechten Parolen zusammen, die heutzutage immer mehr werden. Rechte Stammtischparolen finden dadurch eine öffentliche Legitimation.
Aber zum Kommentar an sich: Die vermeintliche Lösung des akuten Problems in Calden, nämlich die Abschiebung der Täter, hat vielmehr den Charakter der Symptombekämpfung. Der bessere Weg wäre zu fragen, wie es zu der Gewalt kommt. Hier werden die auf der Demo und an anderen Stellen geäußerten Probleme im Camp relevant: die fehlende Privatsphäre, schlechte medizinische Versorgung, mangelnde Informationen, geringe Anzahl sanitärer Anlagen, ungewisse Perspektive und langes Warten auf schlechtes Essen. Diese Umstände im Kommentar nicht zu berücksichtigen und Abschiebung zu fordern, wird der Thematik und schon gar nicht den Menschen, die dort leben (müssen), gerecht.
Aus juristischer Sicht ist der Kommentar Unsinn. Das Asylrecht in Deutschland sieht vor, dass verurteilte asylsuchende Menschen ausgwiesen werden können, wenn sie zu einer Haftstrafe verurteilt wurden, die über der Dauer von zwei Jahren liegt. Generell sieht das Gesetz vor, dass das Asylrecht schwerer wiegt, als das Strafrecht und Menschen im laufenden Asylverfahren nicht abgeschoben werden können.
Wenn Thonicke dies nicht weiß, handelt er mit dem Kommentar fahrlässig, falls er die Regelungen kennt, setzt er sich in aller Öffentlichkeit über rechtsstaatliche und demokratische Prinzipien hinweg.
Eine Anekdote zum Abschluss: Als vor einigen Wochen der rechte Mob in Heidenau vor der Unterkunft für Geflüchtete randalierte und ebenfalls Polizistinnen und Polizisten verletzt wurden, gab es nur eine Festnahme. Ein Fotojournalist. Die randalierenden Nazis blieben unbehelligt. Offenbar hat dies Thonicke nicht gekümmert. Was soll nun diese Feststellung, dass es in Calden keine Festnahmen gab?
Link zum Kommentar von Thonicke: http://www.hna.de/kassel/nach-hause-5573436.html#idAnchComments
Aber zum Kommentar an sich: Die vermeintliche Lösung des akuten Problems in Calden, nämlich die Abschiebung der Täter, hat vielmehr den Charakter der Symptombekämpfung. Der bessere Weg wäre zu fragen, wie es zu der Gewalt kommt. Hier werden die auf der Demo und an anderen Stellen geäußerten Probleme im Camp relevant: die fehlende Privatsphäre, schlechte medizinische Versorgung, mangelnde Informationen, geringe Anzahl sanitärer Anlagen, ungewisse Perspektive und langes Warten auf schlechtes Essen. Diese Umstände im Kommentar nicht zu berücksichtigen und Abschiebung zu fordern, wird der Thematik und schon gar nicht den Menschen, die dort leben (müssen), gerecht.
Aus juristischer Sicht ist der Kommentar Unsinn. Das Asylrecht in Deutschland sieht vor, dass verurteilte asylsuchende Menschen ausgwiesen werden können, wenn sie zu einer Haftstrafe verurteilt wurden, die über der Dauer von zwei Jahren liegt. Generell sieht das Gesetz vor, dass das Asylrecht schwerer wiegt, als das Strafrecht und Menschen im laufenden Asylverfahren nicht abgeschoben werden können.
Wenn Thonicke dies nicht weiß, handelt er mit dem Kommentar fahrlässig, falls er die Regelungen kennt, setzt er sich in aller Öffentlichkeit über rechtsstaatliche und demokratische Prinzipien hinweg.
Eine Anekdote zum Abschluss: Als vor einigen Wochen der rechte Mob in Heidenau vor der Unterkunft für Geflüchtete randalierte und ebenfalls Polizistinnen und Polizisten verletzt wurden, gab es nur eine Festnahme. Ein Fotojournalist. Die randalierenden Nazis blieben unbehelligt. Offenbar hat dies Thonicke nicht gekümmert. Was soll nun diese Feststellung, dass es in Calden keine Festnahmen gab?
Link zum Kommentar von Thonicke: http://www.hna.de/kassel/nach-hause-5573436.html#idAnchComments
Kommentare
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scheffchen am :
Wenn man sich die Gestaltung der hna anschaut (Print und erst recht Online) fällt auf, dass sie zunehmend förmlich überquillt von gewerblichen Anzeigen, teilweise sogar im gleichen Stil gehalten wie Redaktionsmeldungen, d.h. kaum optisch voneinander zu unterscheiden.
Es scheint von der Chefredaktion vorgegeben zu sein, bewusst Artikel zu schreiben, die polarisieren und auf die Masse der Leser abzählen, z.B. online damit viele Klicks zu generieren, denn das bringt Geld. Ich bezeichne so eine Form von Journalismus als Parasitenjournalismus. Bei Thonicke konnte man das zu Zeiten der Göker Hysterie in der hna ebenfalls gut beobachten, er war ja sein Spezi hinsichtlich Meldungen aus der meg Zentrale.
Die Flüchtlinge sind somit für die hna derzeit ein willkommenes Mittel, Geld zu scheffeln. Dazu muss noch so jede kleine Meldung oder ein Gerücht herhalten, um wieder eine entsprechende Titelstory zu schreiben.
Thonicke gibt da letztens den Hardliner und befriedigt rechte Stimmungen. Tags darauf schreibt Frau Martina Heise-Thonicke (Redaktion Kassel) in der hna davon, dass den Flüchtlingen doch Suppe so gut schmecke.
Klare Zuständigkeiten im Hause Thonicke?
Zuckerbrot und Peitsche?
Na denn.
Ich kenne jedenfalls einige Leute, die die hna aufgrund der aktuellen Berichterstattung nicht mehr kaufen werden. Irgendwann ist eben ein Ende der Fahnenstange hinsichtlich schlechtem journalistischen Niveau erreicht. Ich hoffe, dass einige Anzeigenkunden ihr Engagement in der hna ebenfalls überdenken. Journalistisch wird sich in der hna nichts ändern, solange man mit dieser Art von Journalismus (mehr) Geld verdient.
Schade eigentlich.
Das haben weder die Flüchtlinge noch der Leser verdient!