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Die Frau, der Ohrstecker und mögliche Ehekrisen...

Um mich also an der großen wie sensationellen Wertschöpfung durch eine turnusmäßig stattfindende Kunstausstellung in der Fuldastadt zu laben, verpasste ich der Männerpension einen gepflegten Umbau, auf das die kunstinteressierten Massen des Lufthansa-Weltbürgertums mich reich machten.
Zugegeben: Mit den gefühlten tausend anderen Kasselern, Kasselanern und Kasselänern die auf die gleiche glorreiche Idee gekommen sind und gefühlt alles vermieteten, wo man eine Isomatte drapieren konnte, hatte ich nicht gerechnet. Erst nach der Kunstschau-Halbzeit wollte der Pensionsbetrieb, der übrigens selbstverständlich auch Frauen, Transgender und andere zahlende Gäste zu beherbergen weiß, also so richtig Fahrt aufnehmen.
Und es begab sich, dass es tatsächlich Menschen geben sollte, die statt am ICE-Bahnhof am heutigen Kulturbahnhof landeten.
So wie die Dame, die über eine Regionalbahn- bzw. Regionalexpressverbindung dort strandete und sich bei mir eingecheckt hatte.

Als netter Vermieter bot ich ihr an, sie am der nächstgelegenen Regiotramhaltestelle abzuholen, mir der sie vom KuBa bequem ihre neue Heimstatt erreichen konnte, um sie dann in ihr temporäres Domizil zu geleiten. "Hallo, Sie sind ja wirklich sehr hilfsbereit...So können wir es planen.Vielen Dank und Gruß", schrieb sie mir per Strompost.

Gesagt, getan. Natürlich kommt man bei einer solchen Gelegenheit ins Gespräch. Die Alleinreisende hatte Mann und drei Kinder und hatte sich offenbar eine kleine Auszeit für die Kunst genommen.
Nachdem sie wieder abgereist war, hinterließ sie mir ein Kärtchen, bedankte sich für die gute Aufnahme und schrieb, sie habe eine schöne Zeit in Kassel gehabt. Das wiederum ließ mein Vermieterherz höher schlagen.
Als ich das Zimmermädchen gebe und die von ihr bewohnte Räumlichkeit für den nächsten Gast herrichte, finde ich auf dem Nachttisch einen Ohrstecker. Ich sammele das Schmuckstück ein und überlege, was zu tun sein könnte. Weil die Dame ein so überaus freundliches Kärtchen geschickt hatte, dachte ich: "Schickste ihr auch ein Kärtchen und klebst den Stecker mit drauf.

Gesagt, getan.
Ich bedanke mich für die überaus freundliche Rückmeldung und klebe mit Tesa-Krepp den Ohrstecker auf die Postkarte. Weil in der Männerpension keine Briefumschläge sondern nur Pakektpapier bereit liegt, bastele ich noch einen Briefumschlag und verziere diesen - ordentlich mit Füllfederhalter geschrieben - mit der Adresse, die mir über den Internetanbieter, über den sie dieses Spitzenarrangement gebucht hatte, zugänglich war.

Hatte ich gedacht, ich bekäme für diese Heldentat vielleicht noch per E-Mail ein kleines Lob geschickt - absolute Fehlanzeige.
Es arbeitet in mir und irgendwann fällt es mir wie Schuppen vor den Augen: Ich sehe ihren Mann vor ihr stehen, wie er mit meinem handgemachten Brief wedelt und so ganz nebenbei fragt: "Du, Schatz, wer ist eigentlich der Typ dessen Brief ich heute aus dem Kasten gefischt habe?"
Naja, und die Erklärung, dass der eigentlich ganz nett aber sonst nichts war, will bei ihm nicht so richtig ziehen. Seine Phantasie ist angeregt. Während er also auf die gemeinsame Brut aufpasste... naja, den Rest kann man sich vorstellen.

Nur gut, dass ich den schwarzen BH, den ich auch noch fand, nicht mitgeschickt hatte...







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MR am :

Das nächste Mal klüger handeln: Als Nachlass aufbewahren. Auf Nachfrage an ein geheimes Postfach schicken. (Vielleicht war das ja auch nur ne CIA-Agentin mit falscher Adresse...) Übrigens sammeln sich manchmal merkwürdige Dinge an, von denen niemand weiß oder wissen will, wo sie herkommen - in Sonderheit zB Unterhosen -

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