"Menschen haben wenig Lust, mit ihrer Endlichkeit konfrontiert zu werden."

Das Museum für Sepulkralkultur gibt es schon seit 1992 und wird wohl nie an Aktualität verlieren. (© Museum für Sepulkralkultur)
„Es spricht Bände, dass es nur ein solches Museum gibt“, sagt Dr. Dirk Pörschmann im Gespräch über das Kasseler Museum für Sepulkralkultur. Seit gut einem Jahr ist der Kunstwissenschaftler dortiger Direktor. Was ihn an seiner Arbeit besonders interessiert, ist die „Vielfältigkeit der Auseinandersetzung mit unserer Endlichkeit.“ Im Unterschied zu anderen Friedhofs- oder Bestattungsmuseen, die ihren Fokus eher auf Bestattungsrituale legen, widmet sich das Museum für Sepulkralkultur nämlich dem gesamten Spektrum: von Sterben und Tod über Bestattung, bis hin zu Trauerprozess und anschließendem Gedenken. Derlei Themen sind noch weit davon entfernt, gesellschaftsfähig zu sein und haben doch eine enorme Relevanz. Die tagtägliche Beschäftigung mit dem Tod erlebt Pörschmann dabei als befreiend: Sie rege das eigene Anerkennen der Endlichkeit des Lebens an, das Thema „Tod“ normalisiere sich. „Durch eine solche Arbeit beginnt man außerdem, sich über seine eigene Bestattung Gedanken zu machen – ein Thema, das heute leider oft ausgeblendet wird. Menschen haben wenig Lust, mit ihrer eigenen Endlichkeit konfrontiert zu werden.“
Kinder müssen nicht vor dem Tod geschützt werden
Das Museum für Sepulkralkultur ist 1992 aus der Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e. V. hervorgegangen, deren Zentralinstitut für Sepulkralkultur sich schon seit drei Jahrzehnten in Kassel befindet. Seitdem will das Museum die Themen „Tod“, „Sterben“ und „Bestattung“ wieder in das gesellschaftliche Bewusstsein rücken. Von hoher Relevanz ist dabei die Kinder- und Jugendarbeit. „Es gibt in Bezug auf das Thema Tod, Sterben und Bestattung nichts, wovor man ein Kind 'schützen' müsste,“ meint Dirk Pörschmann. Er hätte sich als Vierzehnjähriger genau diesen offenen Umgang mit dem Thema gewünscht, als seine Großmutter starb. Kinder gingen sehr frei mit diesem Thema um, weswegen man mit ihnen oft in einer viel direkteren Art über Tod, Bestattung und Trauer reden könne als mit Erwachsenen. Erst mit der beginnenden Pubertät komme dann wirklich die Wahrnehmung der eigenen Sterblichkeit. Daher fällt in seinem Haus der Museumspädagogik eine wesentliche Aufgabe zu: „Es ist wichtig, bei den Kindern und Jugendlichen ein Fundament für die Auseinandersetzung mit diesem Thema zu legen, damit später keine psychische Überforderung stattfindet.“ Mithilfe von Diskussionen und gemeinsamen Projekten können sich die Kinder und Jugendlichen diesem Thema annähern.
Alle Menschen müssen mit Verlust und Trauer umgehen
Besonders essentiell ist der interkulturelle Austausch – sowohl zwischen Museum und Besuchern als auch unter den Besuchern selbst. Dirk Pörschmann berichtet dazu von einer Schulklasse mit zehn verschiedenen Nationalitäten, die zu Besuch im Sepulkralmuseum war. Zunächst hätten die Schüler die Unterschiede der jeweiligen Bestattungskulturen wahrgenommen. In einem zweiten Schritt folgte die Einsicht, dass im Grunde alles auf den gleichen menschlichen Bedürfnissen basiert.
Der Umgang mit Verlusten, Schmerz und Trauer ist allen Menschen gemein: „Viele haben die Vorstellung, dass der Tote sich nicht in Luft auflöst, sondern irgendwo hingeht, und diesen Übergang will der Mensch gestalten. Das läuft in unterschiedlichen Kulturen anders, aber im Endeffekt geht es immer um diesen 'Transfer',“ so Pörschmann.
Auch wenn das Fundament des Museums die hier gewachsene Sepulkralkultur ist, berücksichtigt es auch gesellschaftliche Veränderungen, die wiederum Auswirkungen auf die hiesige Bestattungskultur haben. In der Dauerausstellung gibt es deswegen bereits einen Bereich zu multikulturellen Bestattungsformen. Diesen möchte das Museum in Zukunft mittels eines interkulturellen Projekts ausbauen. „Der Wandel innerhalb der Bestattungskultur ist im Museum ein großes Thema“, erklärt Herr Pörschmann. Dabei geht es sowohl um den interkulturell begründeten Wandel als auch um neuere Bestattungsformen wie z.B. Bestattungswälder. „Heute denken viele Menschen eher wissenschaftlich und glauben nicht mehr an eine metaphysische Ebene des Daseins. Dadurch verliert auch die traditionelle Bestattungskultur an Bedeutung.“ Wie geht ein Museum für Sepulkralkultur also damit um?
Das Sepulkralmuseum als Begegnungsstätte
Das Museum plant, nach der nächsten Documenta eine Komplettsanierung durchzuführen. Man will die Dauerausstellung erweitern und neu einrichten, beispielsweise mit Medienstationen, die das einzelne Objekt kontextualisieren und dessen Geschichte erzählen. Auch aktuelle Themen wie „Suizid“ oder „Sterbehilfe“ sollen dann eine Rolle spielen.
Dirk Pörschmann berichtet weiterhin, dass im Zuge der Modernisierung der Innenhof des Altbaus abgedichtet und klimatisiert wird, um ihn zu einem multifunktional nutzbaren Raum zu machen: „Damit das Museum mit seinem Thema die Möglichkeit hat, wirklich in die Gesellschaft zu wirken, soll es noch stärker als ohnehin schon zur Begegnungsstätte werden.“
Kinder müssen nicht vor dem Tod geschützt werden
Das Museum für Sepulkralkultur ist 1992 aus der Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e. V. hervorgegangen, deren Zentralinstitut für Sepulkralkultur sich schon seit drei Jahrzehnten in Kassel befindet. Seitdem will das Museum die Themen „Tod“, „Sterben“ und „Bestattung“ wieder in das gesellschaftliche Bewusstsein rücken. Von hoher Relevanz ist dabei die Kinder- und Jugendarbeit. „Es gibt in Bezug auf das Thema Tod, Sterben und Bestattung nichts, wovor man ein Kind 'schützen' müsste,“ meint Dirk Pörschmann. Er hätte sich als Vierzehnjähriger genau diesen offenen Umgang mit dem Thema gewünscht, als seine Großmutter starb. Kinder gingen sehr frei mit diesem Thema um, weswegen man mit ihnen oft in einer viel direkteren Art über Tod, Bestattung und Trauer reden könne als mit Erwachsenen. Erst mit der beginnenden Pubertät komme dann wirklich die Wahrnehmung der eigenen Sterblichkeit. Daher fällt in seinem Haus der Museumspädagogik eine wesentliche Aufgabe zu: „Es ist wichtig, bei den Kindern und Jugendlichen ein Fundament für die Auseinandersetzung mit diesem Thema zu legen, damit später keine psychische Überforderung stattfindet.“ Mithilfe von Diskussionen und gemeinsamen Projekten können sich die Kinder und Jugendlichen diesem Thema annähern.
Alle Menschen müssen mit Verlust und Trauer umgehen
Besonders essentiell ist der interkulturelle Austausch – sowohl zwischen Museum und Besuchern als auch unter den Besuchern selbst. Dirk Pörschmann berichtet dazu von einer Schulklasse mit zehn verschiedenen Nationalitäten, die zu Besuch im Sepulkralmuseum war. Zunächst hätten die Schüler die Unterschiede der jeweiligen Bestattungskulturen wahrgenommen. In einem zweiten Schritt folgte die Einsicht, dass im Grunde alles auf den gleichen menschlichen Bedürfnissen basiert.
Der Umgang mit Verlusten, Schmerz und Trauer ist allen Menschen gemein: „Viele haben die Vorstellung, dass der Tote sich nicht in Luft auflöst, sondern irgendwo hingeht, und diesen Übergang will der Mensch gestalten. Das läuft in unterschiedlichen Kulturen anders, aber im Endeffekt geht es immer um diesen 'Transfer',“ so Pörschmann.
Auch wenn das Fundament des Museums die hier gewachsene Sepulkralkultur ist, berücksichtigt es auch gesellschaftliche Veränderungen, die wiederum Auswirkungen auf die hiesige Bestattungskultur haben. In der Dauerausstellung gibt es deswegen bereits einen Bereich zu multikulturellen Bestattungsformen. Diesen möchte das Museum in Zukunft mittels eines interkulturellen Projekts ausbauen. „Der Wandel innerhalb der Bestattungskultur ist im Museum ein großes Thema“, erklärt Herr Pörschmann. Dabei geht es sowohl um den interkulturell begründeten Wandel als auch um neuere Bestattungsformen wie z.B. Bestattungswälder. „Heute denken viele Menschen eher wissenschaftlich und glauben nicht mehr an eine metaphysische Ebene des Daseins. Dadurch verliert auch die traditionelle Bestattungskultur an Bedeutung.“ Wie geht ein Museum für Sepulkralkultur also damit um?
Das Sepulkralmuseum als Begegnungsstätte
Das Museum plant, nach der nächsten Documenta eine Komplettsanierung durchzuführen. Man will die Dauerausstellung erweitern und neu einrichten, beispielsweise mit Medienstationen, die das einzelne Objekt kontextualisieren und dessen Geschichte erzählen. Auch aktuelle Themen wie „Suizid“ oder „Sterbehilfe“ sollen dann eine Rolle spielen.
Dirk Pörschmann berichtet weiterhin, dass im Zuge der Modernisierung der Innenhof des Altbaus abgedichtet und klimatisiert wird, um ihn zu einem multifunktional nutzbaren Raum zu machen: „Damit das Museum mit seinem Thema die Möglichkeit hat, wirklich in die Gesellschaft zu wirken, soll es noch stärker als ohnehin schon zur Begegnungsstätte werden.“
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