Filmpremiere beim Rundgang: 100 Jahre Aquarium Berlin
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Beim diesjährigen Rundgang der Kunsthochschule Kassel (KHS), der traditionellen Ausstellung der studentischen Semesterarbeiten, zeigte die Abteilung Film und Fernsehen im Balikino auch Abschlussfilme. Besonders beeindruckend ist das Werk „100 Jahre Aquarium Berlin“ von Philipp Teubner. Diese Dokumentation ordnet das Zoo-Aquarium in Berlin nicht nur in den naturwissenschaftlich-historischen Kontext ein, sondern verdeutlicht auch die Bedeutung von Wasser für Leben – und räumt nebenbei mit ein paar Mythen über die Tierwelt auf.
Philipp Teubners Film beginnt optisch sehr ansprechend mit spektakulären Bildern des Lebenselexiers schlechthin: Wasser, chemische Formel H2O, in vielen Facetten, sei es als Meereswelle, Wasserfall, im Glas, …. Wasser ist Lebensmittel und Lebensraum und nach gängiger Lehrmeinung neben Sauerstoff in der Atmosphäre Voraussetzung für Leben auf einem Planeten. Diese Einführung in das Thema wurde handwerklich sehr faszinierend umgesetzt, atemberaubendes Infotainment, wie direkt für das Fernsehprogramm im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gedreht.
Zeigen und Forschen
Mit dem Aquarium in Berlin, anlässlich dessen 100. Geburtstags die Dokumentation gedreht worden ist, porträtiert Teubner eine Institution, die (nicht nur) die „Faszination Wasser“ veranschaulichen, aber auch erforschen möchte; das Aquarium ist Zoo (eigentlich ein Vivarium) und Forschungsanstalt in einem. Dieses Konzept geht auf den Naturforscher Alfred Brehm zurück, der das erste große Aquarium in Berlin noch „als Konkurrenz“ zum Zoologischen Garten gegründet hatte.
Der Film zeigt, dass auch ein Großteil des Fundaments heutiger Forschung bereits damals gelegt worden ist. Als das Aquarium nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut werden musste, und im Laufe der Jahre erweitert wurde, zeigte sich allerdings auch der Vorteil dieser „Allgemeingültigkeit“: das Gebäude wird trotz seines Alters aktuellen Ansprüchen an Flora, Fauna und Tierschutz gerecht. Dies zu garantieren wird durch die eigene Forschung erreicht. So präparieren die Wissenschaftler synthetisches Meerwasser für Ozeantiere, gestalten die Vivarien möglichst natürlich unter Berücksichtigung der Begleit-Arten und beschäftigen eigene Tierärzte. Bei all diesen alltäglichen Arbeiten um das Aquarium Berlin „am Leben zu halten“, ist der Regisseur hautnah mit der Kamera dabei, so dass der Zuschauer praktisch Besucher wird.
Das Prinzip „Zeigen und Forschen“ wird hier nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera angewendet. Dies und die hohe handwerkliche sowie inhaltliche Qualität – der Autor dieser Zeilen ist immer noch tief und nachhaltig beeindruckt – lassen umso mehr verwundern, warum ausgerechnet der Macher der Dokumentation, Philipp Teubner, von der Kunsthochschule als Meisterschüler abgelehnt worden ist. Überspitzt gesagt kann es nur die Erklärung geben, dass er „zu gut“ für die KHs ist.
Spinnen, Insekten und Reptilien – giftig und gefährlich?
Neben der Tierwelt im Wasser beherbergt das Aquarium auch Spezies, die sich an Land aufhalten. Während Reptilien häufig in beiden Welten zu Hause sind, trifft dies auf Insekten und Spinnen seltener zu. Für den Besucher lockt hier der leichte Nervenkitzel, beim Überqueren der „Krokodilsbrücke“, Terrarien voll großer Spinnen oder meterlanger Schlangen. Und das Personal geht seiner täglichen Arbeit in Mitten dieser Tiere nach. Denn etliche der großen Schlangen seien gar nicht so gefährlich und der Biss einer Vogelspinne vergleichbar mit einem Wespenbiss, so erklärt es einer der Wissenschaftler und Tierbetreuer, der Teubner durch die Aquarienwelt führt. Als jener das Exoskelett einer gehäuteten Vogelspinne in die Kamera hält, ist der Grusel im Kinosaal spürbar.
Die Langeweile Europas?
Die – zumindest dem kulturlandschaftlich geprägten Nordhessen – bekannte Natur außerhalb des Kinos wirkt gegen die faszinierenden Bilder der Dokumentation schon fast langweilig, auch wenn es „in unseren Wäldern“ einiges zu sehen und erleben gibt. Der bleibende Eindruck des Films und den Wunsch, (wieder) die Welt des Zoo-Aquariums Berlin zu betreten, zeichnet die Arbeit von Philipp Teubner und der Abteilung Film und Fernsehen an der KHS aus, zu der man alle Beteiligten nur beglückwünschen kann.
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