Skip to content

Mein Leben als DHL-Packstation

Wir wohnen in einem Haus mit insgesamt 19 Parteien. Die nachbarschaftlichen Verhältnisse sind durchweg angenehm bis freundschaftlich. Und da wir im Parterre wohnen, ergibt es sich gewissermaßen automatisch, dass wir die Anlaufstelle für alle Paketdienste sind. Das ist insoweit angenehm, weil man dadurch mit jedem Nachbarn mal ein Schwätzchen halten kann und die Leute kennen lernt. Weniger angenehm ist die Kehrseite dieser Situation – und zwar für alle:
In der Vorweihnachtszeit haben wir fast täglich zwei bis sechs Pakete im Flur stehen. Das kann schon mal eine Matratze sein, zwei auf einen Meter, ein Satz Winterreifen, eine Kiste Wein, oder auch das neue Handy. Zunächst mal kein Problem. Aber nach drei Tagen möchte man das Zeug dann doch los sein. Leider vergaß der Zusteller, den Empfänger darüber zu informieren, wo er die Sendung abgegeben hat. Das führt zu Stress, der Nachbar ist sauer, er muss im Haus rumlaufen und fragen, wer eventuell das Paket angenommen hat, oft steht ein nicht existierender Name auf dem Zettel, mein Flur ist derweilen voll...

Das geht ja alles noch und man kann verstehen, dass die mies bezahlten Zusteller ordentlich unter Druck stehen. Aber wenn man dann selbst mal auf eine Sendung wartet, dann kommt es zur Krise. Die Situation: Heute um 13:50 nahm ich ein Paket für Nachbarn an. Ich bat den Zusteller (freundlich, gebrochenes Deutsch, russischer Dialekt, total überfordert), bitte auf jeden Fall den Nachbarn per Zetteleinwurf zu informieren. „Ja, natürrrrlich!“ Meine letzte Frage: „Ich erwarte auch eine Sendung. Nix dabei für mich?“ „Nix dabei.“

14:02, also eine knappe Viertelstunde später: Posteingang per E-Mail:
Guten Tag, Herr Ehle,
leider haben wir Sie nicht persönlich angetroffen. Daher wurde Ihr Paket bei Ihrem Nachbarn hinterlegt.
Ihr Nachbar: Herr YY
(gleiche Adresse)


Nur: Den Herrn YY gibt’s nicht in unserem Hause!

Kurz darauf sehe ich einen zweiten DHL-Zusteller vor der Haustür. Auf die Frage, ob er ein Paket für mich habe, sagte er nein. Aber er habe drei Pakete für Nachbarn. Gut, her damit. Flur voll.

Dann Anruf beim DHL-Service. Roboterstimme: Bitte nennen Sie Ihr Problem. Wir haben Sie nicht verstanden. Bitte geben Sie ein.....Zwei Minuten Warteschleife. Dann: Freundliche Standard-Begrüßung, kurz angebunden, russischer Dialekt. Man werde der Sache nachgehen. Dauert zwei Tage. Eine schene Tag noch Ihnen...

Fazit: Sendung erstmal verschollen. Zettel im Hausflur aufgehängt, hoffen...

Vor einigen Wochen hatte ich mehrere Sendung für Nachbarn angenommen und fand am gleichen Tag in meinem Briefkasten die Mitteilung, dass ich ein Paket beim Postamt abholen könne, weil ich nicht angetroffen wurde. Warum trifft es immer mich?

Mal ganz im Ernst: Hier sind zwei Maßnahmen fällig. Erstens: Das überbezahlte DHL-Management rausschmeißen, und zweitens: Mehr Zusteller bei besserer Bezahlung einstellen. Ich kann mir vorstellen, dass man das kostenneutral miteinander verrechnen könnte.
Noch etwas, damit sich dpd, Hermes, UPS etc. nicht benachteiligt fühlen: Bei Euch ist es auch nicht besser!

Trackbacks

Keine Trackbacks

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

MR am :

LIeber Wolfgang, das Phänomen kenne ich. Vor allem die Warteschleife, das Missmanagement etc. Ich kann dem nur entnehmen, dass wir endlich, nachdem uns die Amis ihre Carepakete geschickt haben - die sind zumindrest im deutschen Geschichtsgedächtnis angekommen, sie uns nun endlichen den Vollkapitalismus aufgedrückt haben. Da hilft nur "erwachet"!
Der Sinkdownflug der service-Qualitäten ist erschreckend, aber in der Logik normal. Dazu kommt aber auch die christologische Hysterie. Wer hat denn wem geboten, alle Jahre wieder erwartbar durchzudrehen? - Mir hat mal jemand in alten Zeiten aus Griechenland ein Paket mit Knoblauchknollen zugeschickt. Das lag dann eine Woche auf Lager, das fand ich nun wieder gut. Bob der Baumeister: Wir schaffen das!

Wolfgang am :

Dem wäre fast nichts hinzufügen, ausser: Dieser Irrsinn ist ja nicht nur auf die selige Weihnachtszeit beschränkt. Wengleich mir die Schuldzuweisung in Richtung konsumwahnförderndes Jesuskindlein auch ganz gut gefällt.

Und noch was in Sachen Allgemeinbildung: Ich habe heute gelernt, dass DHL tatsächlich eine Ami-Gründung ist. Die Buchstaben sind die Initialen der drei Gründer (hab sie schon vergessen.) Care-Pakete also. Das lehrt Demut.

MR am :

Wie ich sehe, hat Dich die Jesuskindleinsstimmung erwischt!

Seb am :

wollte eigentlich selber kommentieren, aber das triffts hier schon:

http://www.nachdenkseiten.de/?p=41662

VB am :

Ein eher humorvoller Kommentar:
https://www.youtube.com/watch?v=_-2m-YzW8zQ

Kommentar schreiben

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.
Um einen Kommentar hinterlassen zu können, erhalten Sie nach dem Kommentieren eine E-Mail mit Aktivierungslink an ihre angegebene Adresse.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

BBCode-Formatierung erlaubt
Formular-Optionen