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Selbstversuch mit Kunstobjekt


Irena Haiduks Schuhe und ich - 2. Folge
Ich nehme sie mit zur Arbeit. In der Fahrgemeinschaft wird heftig diskutiert. "Lohnarbeit ist Sklavenarbeit" kommt es von der Hinterbank. Diese Abhängigkeit, dieses Müssen, dieses Nicht-Frei-Sein, nicht das tun können, was man möchte, sondern das, was man muss, das sei das Schreckliche an der Lohnarbeit. Und dieser Zwang, das einzuhalten, was Andere einem vorschreiben, ob es sinnvoll ist oder nicht. Das bedingungslose Grundeinkommen kommt ins Spiel.
Mit so einem Einkommen würde der Zwang wegfallen, die Arbeitszeit könnte anders eingeteilt werden, wir könnten wechseln, wenn uns unsere Arbeit nicht mehr gefällt. Kurz vor dem Elysium, fällt mir die Diskussion mit einer jungen Frau und ihrem Freund ein. Die finden das bedingungslose Grundeinkommen unmöglich, dann würde keiner mehr was arbeiten. Der Freund ist Manager. Auf die Frage, was würdest Du tun, wenn Du garantiertes Grundeinkommen bekommen würdest, kam die Antwort: Urlaub, ein halbes Jahr Urlaub. Und dann? Dann würde ich wieder arbeiten. Die junge Frau würde sich mit Pferden beschäftigen und nicht mehr arbeiten. " Aber all die Faulenzer, die nur vor der Glotze sitzen und Stütze abzocken", denen gönnt sie es nicht. Ich arbeite nicht das volle Pensum, habe mir also eine Freiheit erkauft und trotzdem mag ich es nicht, dass ich immer um die selbe Zeit am selben Ort sein muss. Meine Arbeit aber mag ich. Dann wechselt das Thema: Arbeit und Freizeit. Ich bekomme schon Ausschläge, wenn von Hobby oder Freizeitaktivitäten die Rede ist. Das kommt mir so nutzlos vor, wie Ersatzhandlungen für andere Aufgaben, die in Angriff genommen werden müssten. Freizeit. Die russische Mitfahrerin meint, dass sie gerne Freizeit habe. Nach der Arbeit ziehe sie sich um und lege erst einmal die Füße hoch und dann hätte sie frei. Alle Anderen finde Freizeit auch gut. Nach 45 Minuten steigen wir aus dem Auto und ich trage die Schuhschachtel in den 5. Stock. Ist der Weg zur Arbeit eigentlich schon Arbeitszeit, hätte ich sie bereits im Auto anziehen müssen? Bei der Berufsgenossenschaft jedenfalls ist der Arbeitsweg versichert, falls etwas passiert. Im Büro ziehe ich zum ersten Mal die Schuhe an. Fortan schauen die Patienten auf meine Schuhe. Oder ich bilde mir ein, dass sie auf meine Schuhe schauen. Meine Kollegin findet sie schick. Ich finde, ich sehe aus wie eine Serviererin, etwas deplaziert an diesem Ort. Als ich als Serviererin gearbeitet habe, habe ich allerdings andere Schuhe getragen. In der Teambesprechung erzähle ich von Irena Haiduks Schuhen. Die Anwesenden finden das eine gute Aktion. Es ist warm und meine Füße werden heiß.

Mittagspause. Ist das jetzt Freizeit oder Arbeitszeit? Rein rechtlich ist es Freizeit, ich bin aber zu faul, die Schuhe auszuziehen. Im Laufe des Tages beginnen meine Füße zu brennen, obwohl ich fast die ganze Zeit sitze. Um 16.30 schließe ich meine Bürotüre ab und flitze vorsichtig die Treppen runter, weil ich nicht zu spät kommen möchte. 100 Stufen und natürlich komme ich mit sehr leichter Verspätung unten an. Im Auto wechsle ich die Schuhe und entscheide, dass ich sie bei der Arbeit nicht anziehen möchte. Mir brennen die Ballen und irgendwie sind sie im Büro auch komisch. Wir sind alle müde, es ist heiß und die Klimanlage im Auto läuft.

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Kommentare

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Marlis Cavallaro am :

Das hab' ich sehr gerne gelesen....es bleiben Fragen.
....warum machen die Schuhe brennende Füße?
Aussehen tun sie sehr bequem - empfindest Du sie mehr als Kunst oder mehr als brauchbaren Schuh, oder als gelungene Mischung? Würdest Du sie anderen als tragbar empfehlen, oder wäre das vorwiegend eine Einladung zur Aufopferung?
In einem alten Wandervogel-Lied aus meiner Zeltfahrten-Zeit gab es die Strophe
:"...es ist uns bestimmt
mit brennenden Füßen
die Unrast zu büßen,
die uns tags mit sich nimmt....."
...wäre es in diesem Falle die Prohjektliebe, die büßen ließe?

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