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Hiroshima Platz wird eingeweiht

Nach langjährigen Bemühungen des Kasseler Friedensforums wird nun endlich ein Kasseler Platz den Namen "Hiroshima" tragen. Am kommenden Dienstag, 21.4., 19.00 Uhr, findet für den Platz zwischen Drahtbrücke und Rondell die offizielle Einweihung statt. (attac-info)

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Kommentare

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Morgenthau am :

Ohne Zweifel gehört die Forderung, die Atomwaffen abzuschaffen zu den sinnvolleren der Friedensbewegung – und würde sie dieses insbesondere hinsichtlich der iranischen Vorhaben fordern, würde sie auch noch mehr an Glaubwürdigkeit gewinnen. Das Hiroshimagedenken hat jedoch einen faden Beigeschmack. Japan führte einen Angriffs- und Eroberungskrieg in China und im fernen Osten und griff 1941 die USA an. Besonders in China, aber auch in Korea und an den Kriegsgefangenen kam es zu systematischen Kriegsverbrechen, denen mehrere Millionen Menschen zum Opfer fielen. Das bekannteste ist das Massaker von Nanking, mit ca. 200.000 Opfern. Bis heute tut sich Japan damit schwer, sich zu diesen Ereignissen zu verhalten, geschweige denn über eine Entschädigung nachzudenken. Viel lieber stellt sich diese Nation als Opfer von Atombombenabwürfen dar, die wie es scheint wie Schicksalsschläge über die beiden Städte hereinbrachen. Auch in Deutschland wird den Opfern der japanischen Angriffskrieger weder gedacht, noch sind nach ihnen Plätze oder Straßen benannt worden. Die Atombombenabwürfe waren zweifelsohne eine barbarische Kriegshandlung der US-Amerikanischen Streitkräfte gegen Japan, die auch als Drohung an die Sowjetunion gedacht waren, trotzdem trugen die Bombenabwürfe endgültig dazu bei, Japan niederzuwerfen. Die rechtzeitige Kapitulation Japans, hätte seine Bevölkerung vor diesem Schicksal bewahrt. Mit den sommerlichen Gedenkaktionen wird aber das Verhältnis von Tätern und Opfer verkehrt. Das gleiche gilt für die Benennung eines Platzes vor dem Hintergrund, dass es bis heute weder einen Leningradplatz, ein Babi-Jar-Ufer, eine Brücke der 9000 vernichteten Dörfer Weißrußlands, noch eine Auschwitzstraße gibt.

Martin Reuter am :

Ja, das sind Fakten, an die man erinnern kann, aber das Aufrechnen und professionalle Massaker-Erinnern ist auch in diesem Fall unsinnig.
Hiroshima ist, neben den verbrannten und verstümmelten Opfern, einfach ein Epitaph der verrückt gewordenen Moderne und ebenso epochal wie Auschwitz.
(Man könnte sich überhaupt fragen, ob Straßennahmen das Richtige für's Erinnern an solche Dinge sind.)

BI Pearl Habor Ufer am :

Grundsätzlich kann man Herrn Reuter nur zustimmen. Aber dass Hiroshima ebenso epochal wie Auschwitz gewesen sein soll, kann man auch wiederum falsch verstehen, in dem Sinne, dass die Alliierten die gleichen Verbrechen wie die Faschisten begangen haben.
Gedenken darf weder aufrechnen, noch den Sinn für die wahren Täter und Opfer verlieren. Es spricht mal wieder Bände über die Kasseler Friedensbewegung, dass hier wieder nur den Opfern von US-Angriffen gedacht wird.

Martin Reuter am :

Wer das aufrechnende Vergleichen aufgibt, kann das nicht falsch verstehen. Wer das falsch verstehen will, den kann man daran nicht hindern.

Anonym am :

In der offiziellen Gedenkkultur Japans wird die Rolle des Landes im 2. Weltkrieg tatsächlich oft sehr heroisch dargestellt. Wer aber beispielsweise in das offizielle Hiroshima-Museum am Ort der Atombombenexplosion geht, findet dort eine sehr differenzierte Darstellung der Rolle Japans und eine hervorragende Auseindandersetzung mit dem Thema Atomwaffen.

Ganz ähnlich der Darstellung dort dient auch ein Hiroshima-Ufer in Kassel nicht nur der Erinnerung an die Opfer in Hiroshima selbst, sondern als ein Mahnmal gegen den Wahnsinn von Massenvernichtungswaffen überall.

Schön, dass es dieses Mahnmal in Kassel nun gibt.

Richard Kallok am :

"Morgenthau" verbreitet hier die bekannten "Hiroshima"-Rechtfertigungs-Legenden. Falsch ist, dass "Hiroshima" den Krieg im Fernen Osten beendet hat. Japan war im Sommer 1945 nicht nur militärisch längst geschlagen, sondern auch zur quasi bedinungslosen Kapitulation bereit. Am 12. Juli trug z. B. trug Prinz Konoyo in Moskau zur Weiterleitung an die USA vor, dass Japan "so schnell wie möglich" und "um jeden Preis" den Krieg beenden wolle. Eine gute und sehr detailreiche Darstellung der Situation im Sommer 45 findet sich in dem Buch "Sieben Legenden über Hiroshima" von Peter Krahulec. - "Hiroshima" war nichts anderes als eine Machtdemonstration der USA, geboren aus dem gleichen Geist wie Vietnam und Abu Ghraib.

Martin Reuter am :

Wie schön, dass ich derartige "Legenden" nicht kenne...
Auch schön finde ich öffentlich bemerkbar machen zu können, dass der publizistische Handel mit dem Schrecken überhaupt nichts zur Heilung von Traumata beiträgt. (Etwa beim Aufbau der Zornbanken - Sloterdijk -, die man links wie rechts zur Anfeuerung der permanenten und daher erfolgsfreien Empörung benötigt. "Die Kritik bezieht ihre Kraft aus der Empörung": Boltanski/Chiapello, Der neue Geist des Kapitalismus) Die Traumata sitzen nämlich im Körper und nicht in den Sprechblasen. Jedes Opfer weiß selbst am besten, wie das da entweder nicht oder doch wieder rauskommt. Deshalb frage ich mich und andere nochmal, ob symbolische Gesten wie die Straßenbenennung überhaupt etwas mit dem thematisierten Problem zu tun haben.

Eisenhower am :

Obwohl die Frage völlig berechtigt ist, ob die Bennung von Straßen in irgend einer angemessenen Form dem Gedenken dienen können, sind Straßennahmen immer ein Zeichen öffentlichen Diskurses und politischer Verhältnisse. So wie z.B. die Friedrich-Ebert-Straße früher Hohenzollernstraße hieß, die Goethestraße Admiral-Scheer-Str. usw., lassen sich gesellschaftliche Bewertungen und Prioritäten politischer Ereignisse und von Geschichte ablesen. Weitere Beispiele sind: Bis heute werden im sogenanneten Afrikaviertel Straßen im apologetischen Sinne nach der mehr als blutigen und vernichtungskriegerischen deutschen Kolonialpolitik (Wißmannstraße, Lüderitzstraße etc.) benannt. Auch das eifrige Tilgen von kommunistischen Widerstandskämpfern in vielen ostdeutschen Gemeinden steht für bestimmte politische Verhältnisse.

Das Gedenken an Opfer von Gewalttaten ist ein öffentlicher Akt und auch die Auswahl derjenigen an die Gedacht wird, bzw. wer als Opfer erklärt wird, ist Ausdruck politscher Verhältnisse. Am Beispiel der Pietat in Berlin ließe sich das idealtypisch nachzeichnen.

Aber auch an Hiroshima. Hiroshima steht für mehrere Tatbestände und so auch das Gedenken an die zu Tode gekommenen Bewohner dieser Stadt. Sicher ist die Atombombe wie Auschwitz ein Epitaph der Moderne, wobei man bei dieser Feststellung nicht darüber hinwegsehen darf, dass sich diese beiden auch grds. unterscheiden. Obwohl richtig ist, dass Japan militärisch am Ende war, ist es keineswegs so, wie oft kolportiert wird, dass die japanische Kapitulation unmittelbar bevorstand. Diese war innenpolitisch in Japan umstritten. Das japanische Militär, das die maßgebliche bestimmende Kraft (und nicht irgendein Prinz) in Japan war, war im August für eine Kapitulation nicht zu haben. Gleichwohl und das bestreitet auch keiner, war der Atombombenabwurf auch eine Machtdemonstration im beginnenden Kalten Krieg. So barbarisch auch die Verwendung war, sie unterscheidet sich zum einen von den systematischen Kriegsverbrechen der Japaner in China, Korea etc., aber besonders auch substantiell von Auschwitz. Auschwitz als Tötungsfabrik steht für die Einheit von Mittel und Zweck der gezielten Ausrottung der Juden und Zigeuner. Die Japaner sollten hingegen keineswegs ausgerottet werden. Die Atombenabwürfe waren ein Mittel der militärischen Auseinandersetzung mit einer Nation, die einen barbarischen Angriffskrieg losgetreten hatte und die Bündnispartner Nazideutschlands war. Selbst als Drohinstrument für den beginnenden Kalten Krieg diente die Atombombe nicht dem Zweck zur Ausrottung der Japaner (oder später auch der Russen, oder wie von Teilen der Friedensbewegung in den achtzigern gerne kolportiert der paranoiden Deutschen). Für die Toten ist die Unterscheidung zwar irrelevant, für die Analyse jedoch nicht. Diese Frage sollte in der Nation zentral sein, die Ausgangspunkt des Angriffs- und Vernichtungskrieges gewesen ist. Ob es angebracht ist, am Beispiel einer Kriegshandlung der Alliierten im 2. Weltkrieg, den US-Amerikanern vorzuwefen mit unangebrachten Mitteln ihre MAcht demonstriert zu haben, möchte ich hier bezweifeln, vor allem vor dem Hintergrund, dass es in dieser Gesellschaft en vogue ist, die deutschen Täter einem zu allgemeinen Opferbegriff zu subsumieren. Die eifernde Replik des Herrn R.K. und die allzu leichtfertige Assoziationskette Hiroshima-Vietnam-Abu Ghraib = US-Amerikanisches Machtdemonstration zeigt, dass für dieses Anliegen auch diejenigen zu haben sind, die sich alljährlich im Sommer an der Fulda versammeln.

Martin Reuter am :

Dear Mr. Eisenhauer, ich finde Ihre aufklärenden Passagen sehr gut.Ich finde weiterhin, dass die aktive Unterscheidung zwischen den "Toten" und der "Analyse" ihre Argumentation unbrauchbar (für eine Lösung der Traumata und machtvollen Wiederholungszwänge) macht. Ich finde weiterhin Ihre arrogant-theatralische Attitüde bezüglich des "Herrn R.K." ("eifernde Replik") unbrauchbar, da sittlicherseits angesichts der Schwere des Themas eine polemische (eigentlich selbstgefällige) Rhetorik vollständig unangemessen ist.

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