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Die Finanzmarktkrise - Ursachen und Management

Vortrag von Prof. Christoph Scherrer am Mittwoch, 26.11., 19.00 Uhr - Philipp-Scheidemann-Haus, Holländ. Str. 72 (aus attac-info)
Beim Attac-Plenum eine Woche später, also am 3.12. (19.30 Uhr, "Schlachthof") werden wir das Thema vertiefen können. Uli Barth wird ein Papier der Interventionistischen Linken zur Finanzmarktkrise vorstellen. Auch die Frage "Wie weiter in Sachen Sozialticket?" wird uns beschäftigen, nachdem die rot-grüne Stavo-Mehrheit weiterhin Ablehnung signalisiert.

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Kommentare

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Jonas Dörge am :

Den Marxschen Revolutionsbegriff vulgarisierend wies der Professor darauf hin, dieser sei heute überholt, erst recht wenn er von einem (diesem von ihm flugs untergeschobenen) alles erklärenden kategorialen Widerspruch ausgehen würde. Vielmehr gäbe es ja heute unendlich viele Widersprüche zwischenmenschlicher Beziehungen. Und die Kritik am (bürgerlichen) Staat erübrige sich angesichts des zivilgesellschaftlichen Engagements (der Bewegungen).
Ich muß sagen, wenn man an solche Größen wie Schmied-Kowarzik, Tjaden, Tjaden-Steinhauer und auch Schwendter denkt, das intellektuelle Niveau des Kasseler Uni-Lehrkörpers bewegt sich auf Bubble-Gum-Niveau.

Jonas Dörge am :

Auf dieser Veranstaltung des Karl-Marx-Lesekreises konnte sich das das übliche Attac-Gewäsch und bequeme linke Mainstreamgedankengut über die Machenschaften des Finanzkapitals, dessen (teilweise tatsächlich grotesken aber vor allem) undurchschaubaren Hütchenspielertricksereien und das Unvermögen der mit diesem unter einer Decke steckenden politischen Kaste, die Krise zu lösen, anhören.

Der linke Mainstream (entsprechend viele Leute waren auch da), der sich gerne in der Funktion als verkannter Politikberater sieht, entsprechend große Töne spuckt aber nichts versteht und dann ganz verwundert und traurig ist, dass keiner der politisch Verantwortlichen auf die (vermeintlich) guten Ratschläge hört, bzw. dessen Beratungsresistenz nur damit erklärt, dass diese in den USA aus Häusern stammen, deren Namen irgendwie jüdisch klingen, oder dem Finanzkapital unterwürfige Lakaien sind.

Die Nachfrage, ob denn die Finanzkrise als solche zu erklären sei, beantwortete der Referent, manche würden die Krise auch als Überakkumulationskrise bezeichnen. Der Referent präferiere aber den Begriff von einer Bubble-Krise.

Die weitere Intervention, wie es denn sein könne, dass auf einer Veranstaltung eines Marx-Lesekreises nicht über die grundlegenden Kategorien der Kritik der kapitalistischen Ökonomie und der kapitalistischen Krise (Überakkumulation, Kapitalvernichtung usw.)
geredet, kein kritischer Staatsbegriff entwickelt und anstatt über Revolution bzw. (der von Marx als einzige Lösung der Krise entwickelten) Überwindung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse zu reden über mangelndes Krisenmanagement der Administrationen lamentiert wird, entgegnete der Professor den Marxschen Revolutionsbegriff vulgarisierend, dahingehend, dass dieser heute überholt sei, erst recht wenn von einem (diesem von ihm flugs untergeschobenen) alles erklärenden kategorialen Widerspruch ausgegangen würde. Vielmehr gäbe es ja heute unendlich viele Widersprüche zwischenmenschlicher Beziehungen. Und die Kritik am (bürgerlichen) Staat erübrige sich angesichts des zivilgesellschaftlichen Engagements (der Bewegungen). Angesichts der ehemaligen GHK-Geistesgrößen wie Schmied-Kowarzik, Tjaden, Tjaden-Steinhauer und auch Schwendter erschrickt man angesichts des intellektuellen Niveaus der neuen Kasseler Bubble-Gum-Ökomie.

Dem Hinweis darauf, dass der Appell an eine, die Widersprüche der kapitalistische Ökonomie versöhnenden Funktion des Staates die autoritären Lösungen antizipiert und das erst recht, wenn man über in sich abgeschlossene Ingroups Verschwörungstheorien phantasiert, stieß auf völlige Ignoranz.

Henner am :

"die Widersprüche der kapitalistische Ökonomie versöhnenden Funktion des Staates die autoritären Lösungen antizipiert und das erst recht, wenn man über in sich abgeschlossene Ingroups Verschwörungstheorien phantasiert, stieß auf völlige Ignoranz."

Könnte das an ihrem elaborierten Sprachcode gelegen haben, der keine Chance auf einen Distinktionsgewinn in Abgrenzung aller Out-Peer-Group-Members ausließ?

Richard Kallok am :

Auch ich war bei dieser ausserordentlich gut besuchten Veranstaltung und empfand die Krisenanalyse ("Pensionsfonds und China") des Referenten als unzureichend. So sahen das offensichtlich auch andere Teilnehmer, denn in mehreren Diskussionsbeiträgen ("Attac-Gewäsch"?) wurde auf die tendenziell seit 30 Jahren währende Überakkumulationskrise des euro-amerikanischen Kapitalismus als Entstehungshintergrund für den Finanzkapital getriebenen Kapitalismus hingewiesen. Den Eigengesetzlichkeiten des Finanzkapitalismus und Neoliberalismus nachzugehen und nach der besonderen Rolle der amerikanischen Schuldenökonomie zu fragen, hat nichts mit dem "Phantasieren über Verschwörungstheorien" zu tun.

So weit ich weiss, denken der Lesekreis und Attac über eine weitere Veranstaltung mit einem marxistisch orientierten Referenten nach.

Martin Reuter am :

"Die Wirklichkeit fügt sich nicht dem Ideal, das sich deswegen an ihr rächt." (Arnold Gehlen)

Jonas Dörge am :

"Die Wirklichkeit fügt sich nicht dem Ideal, das sich deswegen an ihr rächt."

Das ist richtig und deswegen hilft der fromme Gedanke an eine bessere Welt („Eine andere Welt ist möglich“) auch nicht weiter. Nur die Kritik, die an den Ursachen des Übels ansetzt, weist über das Bestehende hinaus und setzt somit kein Ideal sondern das Revolutionäre, das ganz Andere. Eine „Kritik“ der Finanzmärkte, an deren immanenten Widersprüchen, ihren Dynamiken und Eigengesetzlichkeiten, die von den Widersprüchen der kapitalistischen Warenproduktion, bzw. die der kapitalistischen Produktionsweise nichts wissen will, oder sie nicht erklären kann oder will, weil dann - so die Ausrede des Referenten - weniger Publikum zu erwarten gewesen wäre, zeugt vom Ideal eines Kapitalismus’ ohne die Kapriolen der Finanzsphäre. Das ist das Ideal vom widerspruchsfreien Kapitalismus, es ist das der wackeren Sozialdemokraten, die man in den Gewerkschaften, bei Attac, z. T. in der SPD und in der Partei Die Linke antrifft. Dieses ist aber auch das Ideal der Anhänger volksgemeinschaftlicher Ideologien, die man ebenso in den genannten Organisationen aber auch - dieses konsequent zu Ende gedacht - in der faschistischen Ideologie der Rechtsextremen findet. Es ist eben kein Zufall, dass einem Veit Grimm auf der Veranstaltung vom Referenten nichts Substantielles entgegengesetzt werden konnte. Können die erstgenannten keine Fußtruppen zur Einforderung ihres sozialdemokratischen Ideals mobilisieren, eine Situation mit der wir es trotz frommer Wünsche und einiger ritueller Protestevents seit Jahren zu tun haben, so linst hinter dem hilflosen Appell an den Staat, die Krise zu managen die faschistische Lösung um die Ecke. – Kein angenehmer Gedanke!

Martin Reuter am :

Werter Genosse Dörge, ich hatte nicht umsonst das Zitat eines als konservativ geltenden Anthropologen eingesetzt. Selbiges eignet sich für eine Nachdenklichkeit für beide Varianten der Zweifelhaftigkeit: Du spielst auf den uralten "Revisionismus" und seine Neuformen an, der, ich habs neulich nochmal in einer Alternativ-Publikation (1978, Kraushaar etc.) gefunden, gerne den "Kapitalismus transzendieren" möchte, "ohne dass dies die Abschaffung seiner ökonomischen Strukturen zur Voraussetzung haben muss". Du scheinst verdrängt zu haben, dass die gegen-gesetzte Variante "Revolution" sich selbst grausam widerlegt hat. Wer will denn jetzt noch Lenin oder Stalin? Da muss wohl mal was Neues gesagt werden. Das fehlt mir bei Dir. (Die wunderbare Veränderungs-Leidenschaft selbst kanns ja allein nicht sein, oder?)

Jonas Dörge am :

Lenin und Stalin sind zwei historische Personen, die für besondere, nicht zwingend voneinander abzuleitende, Momente der menschlichen Revolutionsgeschichte, der russischen Geschichte und der der Sowjetunion stehen. Die Diskussion über diese Situationen – führe ich gerne - gehört aber nicht in diesen Zusammenhang.

Es geht nicht um die Revolution auf den Barrikaden auch nicht um die Konterrevolution und den gegen sie gerichteten roten Terror, auch nicht um die späteren Widerwärtigkeiten staatssozialistischer Entartung, es geht zugegebenermaßen aber auch nicht um etwas ganz Neues, sondern um die Widersprüche des warenproduzierenden Kapitalismus? Diese sind keineswegs, wie es Richard Kallok mir despektierlich vorzuwerfen versucht, (von mir) fabuliert, sondern die grundlegenden Kategorien der kritischen Gesellschaftsanalyse, sofern man die Gesellschaft als Kapitalismus begreift. Die Beschreibung des Kapitalismus als „euro-amerikanischer“ verlässt jedoch den Rahmen der Begrifflichkeit einer Kritik der Politischen Ökonomie, weil eben diese Bezeichnung den Kapitalismus nicht spezifiziert, seine aus den seinen Bewegungsgesetzten abzuleitenden Widersprüche nicht analysiert, sondern nur eine seiner Erscheinungsformen versucht phänomenologisch zu kategorisieren. Diese Erscheinungsformen drücken nur die Krisenhaftigkeit kapitalistischer Produktionsweise aus, können jedoch zum einen nicht die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus im Allgemeinen, auch nicht die des aktuellen im Besonderen erklären. Jede Form einer auf solch oberflächlichen Analyse beruhenden Krisenlösung kann nur im Versuch der Versöhnung unversöhnlicher Widersprüche enden. Das ist schlimmstenfalls die faschistische Lösung, bestenfalls die Sisyphosarbeit des aufrechten Sozialdemokraten.

Erkennt man die antagonistische Widersprüchlichkeit kapitalistischer Produktionsverhältnisse an und nur aus diesen können die elenden Verhältnisse dieser Welt erklärt werden – bis jetzt hat es keinen überzeugenden Versuch gegeben, der dies bezweifeln könnte - so bleibt nur die Erkenntnis, dass diese nicht anders als in revolutionärer Art und Weise überwunden werden können. Aktuell ist dies jedoch als konkrete politische Aktion (sofern dies als Aktion überhaupt zu begreifen wäre) überhaupt nicht denkbar und insofern bleibt jede Diskussion darüber zwar notwendig aber höchst abstrakt, oder eine Debatte über Geschichte z. B. über Lenin, Stalin, Mao usw. … -. Es bleibt die mit diesen Kategorien zu übende Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Diese muss jedoch nach wie vor geübt werden, denn jenseits ihrer befinden sich die Felder der aktuellen Tagespolitik, die je nach Gusto in dieser oder jener der diversen Organisationen beackert werden können, die Momente moralischer Empörung, die je nach Begabung in kulturelle oder religiöse Praxis sublimiert werden können und der Ethik, die sich je nach Geschmack in diese oder jene Gesinnung manifestiert. Jedoch der all diesen spätbürgerlichen Praxisformen immanenten Reproduktion der kapitalistischen Produktionsverhältnisse (H. Lefebvre) kritisch bewusst zu sein, bleibt die Aufgabe der Kritik. Fühlen sich Anhänger gewisser Parteien und Organisationen deswegen diskreditiert, so ist ihnen nicht zu helfen …

Richard Kallok am :

Herr Dörge bleibt mit seinen Beiträgen in der Sphäre des Allgemeinen. Er fabuliert über die "Widersprüche des warrenproduzierenden Kapitalismus", meidet mit grosser Konsequenz aber die Auseinandersetzung mit den aktuellen Erscheinungsformen des euro-amerikanischen Kapitalismus. Gegenstand der Beiträge ist so auch weniger der Kapitalismus als die "Linke". Sie wird diskreditiert, in dem sie in die Nähe "volksgemeinschaftlicher Ideologie" gerückt und ihre "Staatsgläubigkeit" zum Wegbereiter "faschistischer Lösungen" deklariert wird. - Zugegeben, die deutsche Linke ist heute eine Regenbogen-Linke, die weder ein festgefügtes ideologisches Fundament besitzt, noch einen geschlossenen Gesellschaftsentwurf anbieten kann. Sie wird aber getragen von gemeinsamen Wertvorstellungen wie sozialer Gerechtigkeit und dem friedlichen Zusammenleben von Nationen und Kulturen. Wer die Linke diskreditieren will, stört sich zumeist an ihren Wertvorstellungen.

Martin Reuter am :

Man muss ja schon den "lieben Gott" anrufen und die "Hände über dem Kopf zusammenschlagen", wenn von "festgefügtem ideologischen Fundament" und "geschlossenem Gesellschaftsentwurf" die Rede ist...
Wie gesagt: Mal was Neues!

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