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Eichel: "Finanzmärkte sind öffentliches Eigentum"

Kassels Bundestagsabgeordneter und Deutschlands Ex-Finanzminister, Hans Eichel, überraschte bei einer Podiumsdiskussion der Hessischen Tribüne über die Finanzmarktkrise gestern abend mit markigen Statements. War das wirklich der Finanzminister des Kabinetts Schröder, während dessen Amtszeit dem Finanzkapital in Deutschland Tür und Tor geöffnet wurde?
Gestern abend jedenfalls liess er sein dankbares Publikum wissen, dass es in Zukunft "keine unregulierten Finanzmarktteilnehmer wie Private-Equity-Fonds und Hedge-Fonds" und auch "keine Geschäfte mit hohem Fremdkapitalanteil" mehr geben dürfe. Dabei war es der Finanzminister Eichel, der erst 2004 im Rahmen eines "Investmentmodernisierungsgesetzes" Hedge-Fonds in Deutschland zuliess. Wusste er damals nicht, dass der Erfolg von Hedge-Fonds vor allem darauf beruht, sich im Rahmen von sog. Carry-Trades billiges Geld, vor allem in Japan, zu besorgen, um damit in Europa die "Realwirtschaft" aufzumischen? War ihm, als er schon 2000 mit dem "Steuersenkungsgesetz" die Erlöse aus Unternehmensverkäufen bei Kapitalgesellschaften komplett steuerfrei stellte, nicht klar, dass dies Spekulationskapital anlockt?

Gestern zielte Eichel mit Aussagen wie "die Profite müssen runter" auf Zustimmung beim spärlich versammelten sozialdemokratischen Publikum. Während seiner Amtszeit dagegen wurde die Körperschaftssteuer auf 25 % und der Spitzensteuersatz von 51 % auf 42 % senkt. Dividenden-Bezieher konnten sich über die Einführung des Halbeinkünfte-Verfahrens freuen und Arbeitslose die Beseitigung der Arbeitslosenhilfe und die Einführung sog. 1-Euro-Jobs bestaunen.

Da Selbstkritik nicht angesagt war, fiel auch Eichels Erklärung für die ganze Finanzmarkt-Malaise recht simpel aus: "Die grösste Volkswirtschaft der Welt lebt auf Pump und irgendwann platzt die Blase und wir alle zahlen die Zeche". "Wir haben bei Greenspan immer nachgefragt..." verkündete er so etwas wie einen Tätigkeitsnachweis.

Laut Bundestagshandbuch übt Eichel u. a. bei der Firma "Rednerdienst & Personalmanagement Matthias Erhard, München" eine gut bezahlte Nebentätigkeit aus. Auch gestern strahlte er lange Zeit Souveränität aus. Erst Podiumsteilnehmer Uli Meßmer, Eichels Parteifreund und IG-Metall-Sekretär, nahm dem Ex-Finanzminister etwas die Selbstsicherheit, in dem er auf den hohen Verschuldungsgrad von Unternehmen auch in Deutschland hinwies. 80 % der Fahrzeuge im Transportgewerbe seien inzwischen geleast und auch bei Industrieausrüstungen spiele Leasing eine immer grössere Rolle. Als Meßmer dann auch noch anmerkte, dass in der beginnenden Krise sich die Nachteile der Leiharbeit schon jetzt zeigen würden, musste Eichel schlucken. Während seiner Amtszeit hatte sich die Zahl der Leiharbeiter verdoppelt.

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Kommentare

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Martin Reuter am :

Die Nachricht habe ich nicht ganz verstanden. Ist Herr Eichel vor allem ein unehrenhafter Mann? Wenn ja: Soll das eine politische Botschaft sein?

Richard Kallok am :

Herr Eichel ist kein unehrenhafter Mann, er ist Politiker. Und Politiker sein das heisst natürlich vor allem auch, zur richtigen Zeit und am richtigen Ort das zu Tun und zu Sagen, was von einem verlangt wird.

Martin Reuter am :

Ein vernichtendes Urteil über die "Politik" (Repräsentanten) und gleichzeitig die Regierten ("Volk", Repräsentierte).

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