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Rechtschreibschwäche und Kritiklosigkeit

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Rechtschreibschwäche und Kritiklosigkeit?
Liest man die Beiträge zu den politischen und wirtschaftlichen Meldungen auf der Homepage der HNA, dann hat man oft den Eindruck, dass die Fähigkeit zu kritischer Analyse direkt korreliert mit der Fähigkeit, ein einigermaßen fehlerfreies Deutsch zustande zu bringen.
Eine sinnerhellende (Neu: Sinn erhellende) Verwendung des Kommas ist manchen Schreibern vollkommen fremd. Beispiel: Also wieso wollen wir darauf verzichten diese Möglichkeiten die schon unseren Kinder einen sicheren Ausbildungs und Arbeitsplatz bieten kann zu nutzen.

Problemfall das/dass: Reden wir nicht vom sz, dieser Buchstabe ist überflüssig wie ein Kropf. Aber die Unterscheidung von das und dass ist schon sinnvoll - und lernbar. Es gibt Textbeiträge, die kommen vollständig ohne "dass" aus.

Rechtschreibung im allgemeinen: Wer schreibt "ich währe so gerne", dem fehlt ein wichtiges Handwerkszeug für's tägliche Leben.

Das Deppen-Apostroph als Leitsymbol unsere's sprachlichen Niedergang's sei nur am Rande erwähnt. Es füllt bereits ganze Web-Seiten.

Hier scheint mir ein Zusammenhang zwischen kritisch-analytischem Bewusstsein und den oben beschriebenen Defiziten zu bestehen. Beim Durchblättern verschiedener Kommentare zu den Reizthemen der Region auf der Homepage unserer geliebten Monopolzeitung (und anderswo) entsteht der Eindruck, dass die wildesten Verteidiger so kontroverser Projekte wie Kassel-Calden oder Autobahn A44, oder die vehementen Gegner eines Tempolimits sehr häufig auch die sind, deren Rechtschreibung sich auf tiefstem Niveau befindet (die Ausdrucksweise manchmal auch).

Welche Schlussfolgerung(en) kann man daraus ziehen?

Der gemeinsame Nenner liegt wohl in der Schulbildung. Die eklatante Schreib- (und damit einhergehend wohl auch Lese-)Schwäche vieler Menschen behindert den Zugang zu allem, was sich nicht in Drei-Wort-Sätzen umfassend ausdrücken lässt. Damit wird klar, dass Stammtisch und Kasernenhof in Sachen Kommunikation besser auf die Ist-Situation eingestellt sind, als mancher Politiker oder Redakteur.

Unklar bleibt allerdings immer noch, warum die Menschen, die man so gern als "bildungsfern" einsortiert, sich überwiegend für Dinge ereifern, die ihnen eher Schaden? Warum wählte der einfache Farmer oder Arbeiter im Mittleren Westen der USA ausgerechnet den Republikaner Bush, der prompt anfing, den Reichen die Taschen zu füllen und den Armen die Sozialleistungen zu kappen? Oder die Bayern: Die haben ihre CSU wegen des strikten Rauchverbots abgestraft!

Der geneigte Leser möge mir verzeihen, ich habe den Artikel begonnen, weil ich über einen wahrscheinlich banalen Zusammenhang sinniert habe. Ohne das Ende zu bedenken! Es ist mir klar, dass der eine oder andere meiner Mit-Redakteure (männlich wie weiblich), und insbesondere der M.R., mich schelten werden ob meines zweck- und erkenntnisfreien Fabulierens. Aber es musste mal raus.

Meine Schlussfolgerung: Wenn wir mit den langfristig anstehenden Problemen fertig werden wollen, dann brauchen wir nicht nur eine CO2-Reduktion, sondern auch eine Bildungsoffensive. Und um zu dieser keineswegs neuen Erkenntnis zu kommen, habe ich ein paar Hundert Wörter gebraucht. Tut mir auch leid...

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Kommentare

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schreiber am :

Sollte mensch denn nicht froh sein, dass das Volk überhaupt in die Tastatur haut? Und wenn ein bisschen nochthessische Achtigulationsbasis oder die ein oder andere Rechtschreibschwäche sich ins Schriftliche verirrt, was macht's?
Ist doch eh kaum noch zu durchblicken, wie es nun richtig ist.

M.R. am :

Warum denn nun Schelte? Mich interessiert vielmehr der Scheltopusik, das ist eine Panzerschleiche mit fehlenden Vorder- und rudimentären Hinterbeinen.
So einem Tier
fehlt der aufrechte Gang,
es schlängelt sich so
am Boden entlang.
Und so seh' (Apostroph als Elisionszeichen, haha!) ich auch in der Kassel-Zeitung wenig Aufrechtes in Sachen Kritik, also geschärfte Unterscheidungstätigkeit. Häufiger gibts Verbalattacken und (z.T.) beleidigte Rückzüge statt Diskussion.
Also: Der Beruf des Lehrers ist ein ehrenwerter, zumal von Freud zu den "unmöglichen" Berufen gezählt (mit Analytiker und Politiker). Wenn da "gutes Deutsch" verlangt wird (vorbehaltlich der Klärung, was das ist), ist das m.E. prima. In Form einer "Bildungsoffensive" ungern, da sich Bildung mit Militär für mich schlecht verträgt - vielleicht besser "B-Überraschungsausgriff" (Information = Überraschung, Neuigkeit). Ob rechtes Schreiben mit der Fähigkeit zur "kritischen Analyse" korreliert - darüber ist schon häufiger ergebnislos sinniert worden. Und diese Frage ausgerechnet anhand journalistischer Erzeugnisse zu stellen, ist doch arg hoch-, also fehlgegriffen. Das ist Gebrauchsprosa. Auch so ein "Handwerkszeug fürs Leben".
"Ich währe so gerne" der Schreiber dieses "währe" gewesen, da hätte ich mir ein kleines norhessisches Unbewusstes erlaubt und mir wie Herr "schreiber" einen kleinen Aussetzer im Meer des zwar korrekt Geschriebenen, aber doch schwer Begreifbaren verschafft...

Wolfgang Ehle am :

Gewonnen! Ich hatte mit mir gewettet, dass ich eine Reaktion von M.R. zu lesen bekomme.
Ist ja auch alles nicht so tierisch ernst gemeint - wenngleich es manchmal echt Weh tut.
Dass "Bildungsoffensive" ein Fehlgriff war, muuss ich (Pazifist!) eingestehen. Ich habe auch lange überlegt, aber mir ist nichts anderes eingefallen ...

Schönen Vereinigungstag noch!

M.R. am :

naja das Kreuz ist eben das mit sich selber wetten...

Sabine Scheffer am :

Oh yeah...zu meiner Zeit hieß es noch: Gymnasiasten können vielleicht Denken, aber die können keine Rechtschreibung, aber HAUPTSCHÜLER die (!!!) können wenigstens Rechtschreibung! Konkret: Für die Arbeit bei einer (ähem beliebigen) Tageszeitung ist und war darum der schreibend Bademeister in Rente eher berufen, als hochgebildete ehemalige Gymnasiasten. So ist es heute noch! Der Bademeister kann nämlich Rechtschreibung! (!!!!!)
Wie Sie sehen hat alles zwei Seiten...ich kann beispielsweise keine Rechtschreibung...
Vor 20 Jahren sagte man, das habe nichts mit der Schulbildung zu tun, ganz im Gegenteil: Eine Ausbildung auf der Haupt- oder Realschule GARANTIERE Rechtschreibsicherheit!
Deshalb fühle ich mich berufen hier zu widersprechen: Aufm Dorfe glaubet man das hüte no!! Merke: Der nordhessische Gymnasiast kann Denken, aber der nordhessische Hauptschüler kann RECHTSCHREIBUNG!!!

Sabine Scheffer am :

Ergänzung: Der Bademeister ist nur ein relativ beliebiges Beispiel: Will heißen .....ähem...das trau ich mich nicht zu sagen....die Artikel, die kommentiert werden...ähem...deren Inhalte, Grammatik und äh .... sind den Kommentaren inhaltlich durchaus angemessen....weil....das passt schon irgendwie....nur die Schreiber der Artikel können ...RECHTSCHREIBUNG...und die geistig angemessenen Kommentare kommen eben ohne aus....ÄHHH - ....es ist sooo traurig!!!!!!

Wolfgang Ehle am :

Ich ahne zwar, was Sie sagen wollen. Aber Ihre Ausführungen habe ich trotz Ergänzung nicht ganz verstanden. Liegt das nun daran, dass ich Rechtschreibung kann?

Sabine Scheffer am :

Nein, es ist schon klar. Es IST tendenziell unverständlich...
Ich hatte geschwurbelt...und wollte nur sagen, dass der Zusammenhang zwischen fehlerhafter Rechtschreibung und mangelhaftem Problemverständnis früher geleugnet wurde. Es GAB ihn angeblich nicht. Man sah die Sache in etwa umgekehrt.
Ich bezog mich auf Ihren Satz: "Hier scheint mir ein Zusammenhang zwischen (fehlendem??) kritisch-analytischem Bewusstsein und den oben beschriebenen Defiziten zu bestehen."
Ich bin damit aufgewachsen, dass Gymnasiasten zwar analytisch denken könnten, jedoch angeblich gnadenlos versagen, wenn korrekte Rechtschreibung gefragt ist, Hauptschüler hingegen gut und richtig schreiben könnten. Fakt sollte demnach sein: Rechtschreibung und Problemverständnis gehören nicht zusammen - vielmehr seien Hauptschüler Gymnasiasten in Bezug auf Rechtschreibung überlegen - alte nordhessische Sichtweise! Man sah es außerdem so, dass jeder in korrekter Rechtschreibung verfasste Beitrag einem brillianten in fehlerhafter Rechtschreibung IMMER überlegen sei. Sie bemängeln oben, dass weder das eine noch das andere gegeben ist und setzen das in Bezug zueinander. Gemäß der alten nordhessischen Denkweise kann ihre Annahme: Fehlerhafe Rechtschreibung verrät mäßigen Intellekt oder schlechte Schulbildung nicht stimmen...!
Alte Nordhessen sagten nämlich: Der Hauptschüler im Allgemeinen zeichnet sich durch hervorragende Rechtschreibkenntnisse aus, das ist seine Qualität. Das sieht man in den Dörfern hinter Kassel heute noch so.... auch wenn das längst von der Realität überholt ist.

Ich denke auf dem platten Land finden sie Leute, die den Zusammenhang zwischen mangelnder Bildung und fehlerhafter Rechtschreibung, so wie sie ihn sehen, als böswilliges Konstrukt identifizieren werden, weil es ja angeblich eher umgedreht ist..siehe oben

Die Geschichte mit dem Bademeister ist ein Insider-Witz: Das bezieht sich auf die Erfahrung das es auch heute nicht unbedingt wichtig ist gute, präzise, pointierte und intelligente Artikel grammatikalisch korrekt verfassen zu können, um sie in der Tageszeitung veröffentlichen zu dürfen, sondern dass im Zweifel ein Text erscheint, der auf Obiges verzichten darf, weil er in korrekter Rechtschreibung verfasst wurde...(Korrekturleser wurden schon vor Jahren eingespart - deshalb hat man seitdem andere Schwerpunkte)
Ich habe anschließend gegiftet, dass gemäß dem Niveau mancher Zeitungsartikel mäßig intelligente Kommentare durchaus angemessen sind...(Da kam ich etwas vom Thema ab..)

Damit sei dargelegt:"Fehlerhafte Rechtschreibung deutet auf hohe Intelligenz hin und korrekte auf niedere." Oh yeah - der Nordhesse hat gesprochen!

Gemäß meiner Darlegung müssten also die vehementesten Gegner eines Tempolimits hervorragende Rechtschreibkenntnisse voweisen können. Das wären dann auch die, die ein Alkoholverbot am Steuer grundsätzlich ablehen und die Promillegrenze abschaffen wollen...und das alles in korrekter Rechtschreibung...

(Ich habe übrigends Abitur)

Sabine Scheffer am :

..den letzten Satz in Klammern finden sie im Duden unter: Die beliebtesten Rechtschreibfehler in deutscher Sprache...muss also was dran sein, an der alten nordhessischen Weisheit!

Sabine Scheffer am :

Einer fehlt noch: Gemäß meiner Darlegungen sind die Leute die andere politische Ansichten haben als Sie, Herr Ehle, nicht die Dümmsten, sondern vielmehr die INTELLIGENTESTEN!

Einen schönen Feiertag!

Leilah Lilienruh am :

Hundertprozentig Ihrer Meinung, was das Gros besagter Kommentatoren angeht. Über die Ursachen und Hintergründe könnte man sicherlich soziologische und psychologische Abhandlungen schreiben.

Noch wesentlich beunruhigender finde ich allerdings eine Tendenz, die ich in den letzten Jahren unter professionellen Redakteur/inn/en verschiedenster Medien feststelle: oberflächliche Recherchen, schlechter Stil, mangelhafte Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse, niedriges Niveau der Allgemeinbildung...
Fragte mich doch kürzlich ernsthaft ein Redakteur, was denn um Himmels Willen eine "Anthologie" sei. Privat-Kommentator Hänschen Müller muss das nicht wissen, aber ein ausgebildeter Zeitungsredakteur?!

Martin Reuter am :

schlechtere Bezahlung, Ausdünnung der Redaktionen, Druck, Boulevardisierung usw.

Sabine Scheffer am :

Aus Kostengründen (??) werden keine ausgebildeten Redakteure zu Aufträgen geschickt oder eingestellt, sondern Rentner, Hausfrauen und eventuell Studenten - Qualität ist kein Thema. Es werden hauptsächlich (?) Leute ohne einschlägige Ausbildung beauftragt. Das spiegelt sich in der Zahl der Abonnenten wieder: um die 25 % für UNSERE Zeitung...
(Manche Rätsel löst der denkende Geist nicht ...also besser nicht darüber nachdenken!)

KK am :

Kleinschreibschwäche?

"(Neu:"
"die ihnen eher Schaden?"
* "paar Hundert Wörter gebraucht"

Wolfgang Ehle am :

Bei 449 Wörtern zwei Fehler - ist doch gerade noch akzeptabel, oder?
Was das "Neu..." als Satzanfang in der Klammer angeht, bin ich nicht so ganz überzeugt...

KK am :

Duden R 59 letzter Punkt ;-)

kommando lehrer lämpel am :

die perfiden unterdrückungsmechanismen der herrschenden klasse gegen das volk im trikont und auch hier bedienen sich aller nur möglichen mittel. das schweinesystem des militärisch- industriellen komplexes grenzt aus, schwache und vermeintlich nutzlose, die zur ausbeutung nicht taugen.
ausgrenzung nach stand, solvenz und zugehörigkeit an seilschaften ebenso wie ausgrenzung durch verweigerung von bildung. doch damit werden sie nicht durchkommen, sie haben die revolutionäre macht nicht begriffen! der rechtschreib-guerillero bewegt sich in der öffentlichkeit wie der "fisch" im "wasser", nirgend's kann sich der unterdrücker sicher s'ein.

no pasaran!

Martin Reuter am :

Kaum rückt einer dem sprachegebenden, -verfeinernden und -verwaltenden Mittelstand auf den Sprachleib, da regnet es Äußerungen. Wie wärs doch schön, dies auch im Politischen erleben zu dürfen... (Romantischer Seufzer)

Wolfgang Ehle am :

Diesem Seufzer möchte ich mich vollen Herzens anschließen.

Sabine Scheffer am :

..Ich seufze auch mal - romantisch - politisch...Ach, Ach, Ach...
Dürfte ich mich politisch konsequent äußern wäre ich gerne die ERSTE Bundeskanzlerin unseres schönen Landes geworden - Ach, Ach, Ach....das wäre sooooo romantisch....aber das geht ja jetzt nicht mehr.....ach, ach, ach...hinfort mit der Romantik!
Gute Nacht!

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