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Die Beziehungskiste zwischen Muscheln, Fischern, Wissenschaftlern ...

... Wasser, Profit etc.

Schwer zu glauben: Ich spreche mit der Jacobsmuschel. Ich bitte sie, nicht ganz abzukratzen, weil ich sie als Franzose so furchtbar gerne esse. Was antwortet sie?
Die Grundszene ist bekannt: Auf der ganzen Welt droht Überfischung. Die Naturverwerter haben sich das Bibelwort von Erduntertänigkeit alias Verwertung und Verspeisung allzu sehr zu Herzen genommen. Diesmal betrifft es „Pecten maximus“. Die Fischer und Essgeilen sind nicht die Einzigen: Ein bedrohlicher Rückgang kann durch noch natürlichere Feinde (Seesterne) und zu niedrige Wassertemperaturen usw. eintreten.
Da betreten Wissenschaftler die Bühne, nachdem sie entdeckten, dass Japaner eine Schutzmethode durch Anbringen von „schwimmenden Kollektoren“ alias Säcken erfunden haben, aus denen man die Larven dann anschließend auf dem Meeresboden „aussät“. Erster Ansatzpunkt: Weder die Wissenschaft noch die Fischer selbst hatten sich dafür interessiert, wie und unter welchen Bedingungen sich diese Larven eigentlich genau entwickeln. Zweitens gibt es wenig Alliierte für die Idee, die Situation zu verbessern. Die Forscher versuchens qua Experiment erstmal mit den Larven, die leider zum Teil von den Gezeitenströmungen abgelenkt werden. Die Forscher „müssen ihre längsten und schwierigsten Verhandlungen mit den Kammmuscheln führen.“ Sie können zunächst beeindruckende Resultate des Experiments vorweisen, die sie öffentlich verkünden. Es kommen die Sprecher der Fischer dazu, die natürlich ein langfristiges Interesse an der wissenschaftlich begleiteten Verpäppelung haben müssen, wenn sie weiter profitieren wollen.
Wird das aber „nachhaltig“ sein? Katastrophe: In einer zweiten Experimentphase geht alles schief: „Die Larven trennen sich selbst vom Projekt der Forscher“, sie „werden zu Dissidenten“. Was trotzdem auf dem Meeresboden ausgesät werden konnte, wird eines Tages Beute der Ungeduldigen: „Am Heiligabend konnte eine Horde von Fischern der Versuchung eines wundersamen Fanges nicht länger widerstehen und fischte schamlos.“
So war der Stand der Dinge, der sicher noch weitergegangen ist. (In vereinfachter Erzählung nach dem Aufsatz von Michel Callon, Einige Elemente einer Soziologie der Übersetzung: Die Domestikation der Kammmuscheln und der Fischer der St. Brieuc-Bucht, in: Belliger/Krieger, ANThology)

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