Die Hugenotten, Teil 2
Wahnsinn, so sah die Oberneustadt aus.
Die Karlskirche einst
Unser Landgraf Karl, unter dem die Hugenotten nach Nordhessen einwanderten, gehörte zu einem Herrschergeschlecht, das schon immer enge Beziehungen zum französischen Hof unterhielt. Dort wirkten zuerst viele Hugenotten, bevor sie unter einem neuen frz. König verfolgt wurden.
Aufgrund dessen holte Karl schon vor den Verfolgungen durch Ludwig XIV. und Kardinal Richelieu einzelne hugenottische Handwerker- und Finanzverwalterfamilien nach Kassel. Auch Karl war ein absolutistischer Herrscher und wollte das Fachwerkstädtchen Kassel zu einer großen prächtigen Residenzstadt ausbauen. Da kamen ihm die Hugenotten und vor allem die ehemalige Hofbaumeisterfamilie du Rhy sehr gelegen. Sie konzipierten die sog. Oberneustadt, die eine eigene Stadt außerhalb der alten Kasseler Stadtmauern war und im Hugenottenbarock erbaut wurde.
Dieser Baustil ähnelte weder dem bayrischen Kirchenbarock noch dem fridericianischen Barock in Potsdam und Bayreuth. Er war strenger in der Form und außerordentlich geschmackvoll. Die neue Stadt neben der Stadt war ein Traum, verwaltet von den Hugenotten. Sie reichte ungefähr von der Murhardschen Bibliothek bis zum Königsplatz und wurde erst durch König Jérôme an Kassel angeschlossen.
Aber nicht nur eine kleine Barockstadt entstand, sondern auch eine Fülle von Fachwerkbauten auf dem Lande. Die Hugenotten, die aus dem Bauernstand kamen, wurden auf die sog. Wüstungen gesetzt, im 30jähr. Krieg abgebrannte Dörfer. Diese bauten sie wieder auf, im Stil und mit den Materialien der einheimischen Bauweise. Als ihnen dann der Kirchenbau erlaubt war, auf eigene Kosten zwar, aber bei freier Religionsausübung in frz. Sprache, entstanden die berühmten Fachwerkkirchen. So viele wie in Nordhessen sind nirgendwo erhalten. Eine ist hübscher als die andere.
Auch ein barockes Hafenplatz-Ensemble wurde begonnen, leider nie vollendet: Die Mitte von Karlshafen an der Weser. Seine Schönheit zieht bis heute viele Besucher an, in einem dieser Gebäude befindet sich das Hugenottenmuseum.
Landgraf Karl schuf eine Reihe von Gesetzen, die den Hugenotten das Bauen erleichterte. Er stiftet Holz, erließ Steuern für 10 Jahre, änderte viele Baugesetze, die Lage, Höhe usw. betrafen und erlaubte Subventionen. Das gab Ärger mit den Innungen, denen die Hugenotten nicht oder schwer beitreten konnten und infolge eigene Innungen gründeten. Aber Karl überspannte den Bogen nicht und die Hugenotten bauten die Stadt immer weiter aus. Das Fridericianum zeugt davon, der wenig gelungene Wiederaufbau der Karlskirche nicht so sehr. Leider zerstörte der 2. WK die Oberneustadt völlig, aber es sind Fotos erhalten, in Bildbänden zu sehen. Blättert mal!
Von S.Scheßwendter
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