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Verkehrsbetriebe wehren sich gegen Steuerzahlerbund

Nachdem der Bund der Steuerzahler die Regiotram in ihrem Schwarzbuch ins Visier genommen hat, wehren sich die Verkehrsbetriebe aus der Region gegen die Behauptungen und die Art und Weise der Recherche des Bundes der Steuerzahler.
Da die durch das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler eine alte Diskussion erneut aufgreift, die vor allem von der Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen transportiert wurde und die eine scharfe Kontroverse ausgelöst hat, dokumentieren wir im folgenden den Auszug aus dem Schwarzbuch und die Reaktionen der Verkehrsbetriebe:


Der Originaltext aus dem Schwarzbuch:

„Kassel. Die Regiotram sollte eigentlich ein Prestigeprojekt für die Region Kassel sein. Stadt und Umland sollten über ein Schienensystem verbunden werden. Die Betriebsleitung der Kasseler Verkehrs Gesellschaft (KVG) entschied, dafür Bahnen mit einer Breite von 2,65 Meter anzuschaffen. Wie sich jetzt herausstellte, wurden dadurch aber hohe Folgekosten verursacht. Denn die bisher in Kassel eingesetzten Straßenbahnen sind nur 2,40 Meter breit. Die Abstände zwischen den Gleiskörpern und die Sicherheitsabstände zwischen Straßenbahn und Autoverkehr sowie zu den Fahrrad- und Fußwegen wurden auf diese Breite ausgerichtet. Wenn jetzt die neuen Regiotrams auf den alten Trassen durch Kassel fahren, entstehen in einigen wichtigen Innenstadtstraßen Sicherheitsprobleme. Erschreckend ist, dass den Verantwortlichen diese Probleme bereits seit 1994 bekannt waren, man sich aber einfach nach dem Motto "Augen zu und durch" darüber hinweggesetzt hat und jetzt nachträglich nach Problemlösungen sucht. Beim Probebetrieb bestätigten sich die Sicherheitsprobleme. Zuerst versuchte man, durch Einklappen der Spiegel ein sicheres Vorbeifahren zu ermöglichen, doch das reichte nicht überall aus. Jetzt mussten in der Leipziger Straße, eine der Hauptverkehrsstraßen, neue Bordsteine aufgeklebt werden, so dass der Raum für die Regiotram um 25 Zentimeter verbreitert wird. Dort, wo noch Platz ist, soll der Abstand der Gleise zueinander verringert werden. Wo das nicht möglich ist, müssen die Fahrbahnen für Autos verengt werden, so dass Lastwagen nicht mehr überall auf der zweispurigen Fahrbahn nebeneinander fahren können. Aber auch der Parkraum an den Seiten wird verknappt, was besonders Geschäftsinhaber stört, die um ihre Kundschaft bangen. Noch lässt sich nicht genau sagen, wie viel an Steuergeldern durch diese Fehlplanung verschleudert wurde und wird. Bislang wurden für den Umbau der Rathauskreuzung 250.000 Euro eingesetzt. Die Leipziger Straße wurde für 429.000 Euro angeblich RegioTram-tauglich gemacht. Aber auch sie muss verändert werden. Die neu zu verklebenden Bordsteine sollen 30.000 Euro kosten. Auch der Umbau der Frankfurter Straße wird teuer. Nimmt man alles zusammen, dürften wohl mehrere Hunderttausend Euro zusammenkommen.


Anmerkungen des Nordhessischen Verkehrsverbundes (NVV) zum Bericht im Schwarzbuch

Einige Anmerkungen zur Qualität der „Recherche“ des Bundes der Steuerzahler belegen, dass die Autoren keinen der Beteiligten um Stellungnahmen gebeten haben und ihre Aussagen weitgehend der HNA entnommen haben, die sich jetzt wiederum auf den Bund der Steuerzahler zur Bestätigung ihrer Vorwürfe beruft.

…Die Betriebsleitung der Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) entschied, dafür Bahnen mit einer Breite von 2,65 m anzuschaffen.
Die KVG hat die Bahnen nicht angeschafft. Eigentümer ist die Regionalbahn Kassel GmbH, die die Bahnen auf der Grundlage eines Vertrages mit dem Land Hessen und den beteiligten Gebietskörperschaften bestellt hat.

… dass den Verantwortlichen die Probleme bereits seit 1994 bekannt waren…
1994 stand ein Projekt RegioTram noch in weiter Ferne, der federführende Nordhessische Verkehrsverbund war noch nicht einmal gegründet.

…wo das nicht möglich ist…
An keiner Stelle ist die RegioTram Ursache dafür, dass Lastwagen nicht nebeneinander fahren können (natürlich gibt es wie überall auch in Kassel Straßen, die dafür zu schmal sind), es wurde kein Parkraum verknappt.

…Auch der Umbau der Frankfurter Straße wird teuer.
Die Frankfurter Straße wird nicht „umgebaut“. Nach umfangreicher Erneuerung der hundert Jahre alten Kanäle und aller anderen Leitungen wird die Straße grundhaft und verkehrsgerecht erneuert.


In einer gemeinsamen Presseinformation der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft, der Regionalbahn Kassel und des Nordhessischen Verkehrsverbundes schreiben diese:

Reaktionen zum Schwarzbuch der Steuerzahler – Kassel RegioTram

„Eine Stellungnahme zu den Details des Beitrags im Schwarzbuch der Steuerzahler ist nicht sinnvoll, da die mitgeteilten Informationen keinen Bezug zum realen Projekt aufweisen, nicht nachvollziehbar und damit auch nicht kommentierbar sind“, so Professor Rainer Meyfahrt, Vorstand Verkehr der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft und Geschäftsführer der Regionalbahn Kassel GmbH. „Den Projektverantwortlichen sind leider auch keinerlei Nachfragen oder Recherchen des Steuerzahlerbunds zum Thema bekannt.“

„Das Präsidium des Steuerzahlerbundes setzt mit solchen Behauptungen seinen Ruf aufs Spiel. Es möge sich überlegen, ob es nicht überfällig ist, Mindestqualitätsstandards der eigenen Arbeit einzuhalten“, so Thomas Rabenmüller, Geschäftsführer des Nordhessischen VerkehrsVerbundes (NVV).

Zur Bewertung der Vorwürfe des Steuerzahlerbundes soll die folgende Projektbeschreibung weiterhelfen.

Das Projekt RegioTram hat zum Ziel, zwei Schienennetze mit hundertjähriger Tradition und entsprechend langer getrennter technologischer Entwicklung miteinander zum Nutzen der Fahrgäste zu verknüpfen: das Eisenbahnnetz der Deutschen Bahn und das Straßenbahnnetz der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft. Bei der Entwicklung des Konzeptes, das erst 1999 entstand und 2000 in die erste Planungsphase eintrat, war von Anfang an klar, dass Kosten und Risiken der Anpassung des Fahrzeugtyps, Sicherheitsanforderungen, Parameter von Schieneninfrastrukturen wie Kurvenradien, Signalisierungen, Weichensteuerungen und ähnliches zu bewerten waren.

Im Ergebnis der ersten Planungen, die mit Vertragsunterzeichnungen für die Infrastruktur und die Bestellung von Fahrzeugen im Jahr 2001 konkretisiert in die Umsetzungsphase gingen, stellte sich heraus, dass die erforderlichen Anpassungen im Eisenbahnnetz und im Straßenbahnnetz überwiegend im Rahmen anstehender Unterhaltungs- und Modernisierungsarbeiten umzusetzen waren und nur in geringem Umfang Kosten durch Anpassungsmaßnahmen erforderlich wurden. Diese Maßnahmen wurden und werden schrittweise umgesetzt. Dazu gehören im Straßenbahnnetz Maßnahmen zum Einsatz der breiteren Fahrzeuge – Fahrzeuge mit einer Mindestbreite von 2,65 m sind eine unabdingbare Voraussetzung zum Fahren im Eisenbahnnetz – und im Eisenbahnnetz Anpassungen in der Stellwerkstechnik und an den Bahnsteigen.

Das RegioTram-Netz wird bereits bei Inbetriebnahme 2007 mit einer Länge von nahezu zirka 150 Kilometern die Qualität eines S-Bahn-Netzes haben, die RegioTram ist eine „S-Bahn“ für kleinere Ballungszentren wie die Region Kassel. Die Gesamtinvestitionen in die Infrastruktur betragen zirka 90 Millionen Euro; Umbaumaßnahmen zur Anpassung der Schienentrassen innerhalb Kassels, die nicht ohnehin modernisierungsbedingt erforderlich waren, schlagen mit weniger als drei Prozent zu Buche. Kein einziges S-Bahn-Vorhaben Deutschlands wird mit weniger Kosten und in kürzerer Zeit verwirklicht.

Die RegioTram ist nicht mit Verkehrssicherheitsproblemen verbunden. Im Ergebnis wird das Miteinander von öffentlichem Verkehr und Autoverkehr in Kassel besser funktionieren und ein wichtiger Beitrag zur Stadtmodernisierung und Stadtsanierung geleistet sein. Der von allen Seiten gelobte Umbau des Scheidemannplatzes ist ein Ergebnis des RegioTram Vorhabens. Hier kann die Stadt Kassel sich auf eine Stufe mit den hochgelobten neuen Straßenbahnstädten in Frankreich wie Mulhouse, Straßburg oder Montpellier stellen.

Mit Hilfe des RegioTram-Projektes ist es auch gelungen, dass an fast 100 Prozent der Tram- und RegioTramhaltestellen in Kassel ein nahezu niveaufreier Einstieg möglich ist. Kassel wird die erste Straßenbahnstadt in Deutschland sein, in der das Behindertengleichstellungsgesetz voll erfüllt ist: Auf allen Strecken verkehren Niederflurfahrzeuge als Tram oder RegioTram, alle Haltestellen sind behindertengerecht ausgebaut.

Aus Sicht der Stadt Kassel, der beteiligten Landkreise, des Nordhessischen Verkehrsverbundes und der beteiligten Verkehrsunternehmen Deutsche Bahn, KVG und RBK ist das RegioTram-Projekt ein Gewinn für die Region Nordhessen, ein hocheffizientes und kostengünstiges Verkehrssystem für die Zukunft in einer ländlichen Region.

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