Skip to content

Stadtbaurat Nolda in den Medien - Offener Brief des Instituts für Urbane Entwicklungen der Universität Kassel

Am 10. Juli berichtete die lokale Tageszeitung über Forderungen zu Christof Noldas Rücktritt. Dazu verfasste das Institut für Urbane Entwicklungen der Universität Kassel am 13. Juli einen Offenen Brief an die Kasseler Stadtverordneten. kassel-zeitung dokumentiert dieses Schreiben, auf das auch in der aktuellen Ausgabe von heute Bezug genommen wird.
Offener Brief des Instituts für Urbane Entwicklungen der Universiät Kassel an die Kasseler Stadtverordneten
zum Thema „Rücktritt Noldas gefordert“ (HNA vom 10.07.2015)
Chancen der Stadt Kassel nutzen ­– Rückkehr zur Sacharbeit gefordert

Sehr geehrte Herren,

mit Verwunderung verfolgen wir die Berichterstattung der HNA in den letzten Tagen zu kontroversen Themen der Stadtentwicklung in Kassel. Insbesondere an der geplanten Umgestaltung der Wilhelmshöher Allee hat sich Kritik festgemacht, die sich gegen Stadtbaurat Christof Nolda entzündet. Dass inzwischen gegen ihn Rücktrittsforderungen auf-grund eines Projekts erhoben werden, das sich noch in einer frühen Vorbereitungsphase befindet, erscheint uns bei allem Verständnis für eine kontroverse politische Auseinandersetzung unverständlich. Wir fordern angesichts der komplexen Herausforderungen, die Kassel derzeit bewältigen muss, eine Rückkehr zur konstruktiven Sacharbeit zum Wohle der Stadt. Politik und Verwaltung kommt die Verantwortung zu, Chancen einer dynamischen Wachstumsphase für die Lebensqualität in der Stadt optimal zu nutzen. Vielfache Wechsel im Amt des Stadtbaurats, die Kassel in den letzten Jahren erlebte, haben dagegen eine zukunftsfähige Stadtentwicklung eher erschwert.

Mit teilweise überhaupt nicht nachvollziehbaren Argumenten wird gegen die Umgestaltung der Wilhelmshöher Allee gewettert. CDU und FDP sprechen von „Harakiri“ und „Risiko für die Region“. In ein ähnliches Horn stößt HNA-­‐Chefredakteur Seidenfaden, der die derzeitige Politik des rot-grünen Magistrats als „fundamentalistisch“ und die Weiterent-wicklung städtischer Verkehrsräume als „radikale Einschnitte beim Autoverkehr“ bezeichnet. Der Vorwurf richtet sich gegen eine angebliche Verringerung der Leistungsfähigkeit der Straße für den Autoverkehr. Dabei weist die Wilhelmshöher Allee in ihrem westlichen Teil ohnehin derzeit nur zwei Fahrstreifen auf, und die derzeitigen Überlegungen zu ihrem Umbau zielen im Übrigen darauf ab, nicht für den Autoverkehr erforderlichen Raum bes-ser zu nutzen, so dass die Straße auch für schwächere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Fahrradfahrer attraktiver wird. Genau dies hat die inzwischen mit zum Welterbe gehörende Straße bitter nötig, damit sie sich zu einem Boulevard europäischen Rangs weiterentwickeln kann, auf der Menschen nicht nur schnell vorbeifahren, sondern auch gerne flanieren und sich aufhalten.
Diese Strategie einer Verbesserung der Aufenthaltsqualität in Kasseler Straßen hat in den letzten Jahren ungeachtet der einseitigen Polemik von Autolobbyisten große Erfolge nach sich gezogen. An erster Stelle ist dabei die Umgestaltung der Goethestraße zu nennen, die nicht nur einen herausragenden und intensiv genutzten städtischen Erholungsraum geschaffen, sondern im Jahr 2014 sogar den Deutschen Städtebaupreis gewonnen hat. Dem Magistrat ist es gelungen, dafür Fördermittel von Bund und Land einzuwerben, um eine hervorragende Lösung realisieren zu können. Ähnlich ist die Vorgehensweise bei der Wilhelmshöher Allee. Dafür gebührt dem anlaufenden Planungsverfahren Respekt, ganz unabhängig von den bislang noch nicht festgelegten Details. Es schon im Vorfeld zu zerreden -­wie das aktuelle Zeitungsberichte nahelegen -­, lehnen wir aus fachlicher Sicht als unver-antwortlich ab.

In einer Stadt, in der wegen des Bevölkerungswachstums die Wohnungen knapper wer-­‐ den, sind gerade die weniger wohlhabenden Menschen darauf angewiesen, an großen Hauptverkehrsstraßen zu wohnen. Dort sind Luft-­ und Lärmbelastung deutlich höher als anderswo in der Stadt. Politik und Verwaltung haben die Verantwortung, gerade auch an Hauptverkehrsstraßen eine hohe Wohn-­ und Lebensqualität zu sichern. Das hat überhaupt nichts mit Autofeindlichkeit oder anderen Vorwürfen zu tun, die derzeit erhoben werden. An der Universität erleben wir täglich, wie menschenfeindlich und unattraktiv die Holländische Straße und die Kurt-­Wolters-­Straße sind. Deshalb können wir die Versuche des Magistrats nur begrüßen, diesem ganz wesentlichen Qualitätsdefizit der Stadt Kassel Schritt für Schritt abzuhelfen und bessere Lösungen für alle Verkehrsteilnehmer in der Stadt zu entwickeln. Wir fordern alle Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung dazu auf, sich hieran konstruktiv zu beteiligen und sich der Stimmungsmache für eine unsoziale und einseitige Vorherrschaft des Automobils zu enthalten. Wir fordern die Stadtverordne-tenversammlung weiter auf, sich für eine zukunftsgerichtete Verkehrspolitik einzusetzen, die die Lebensqualität der Stadt in den Mittelpunkt stellt. Diese wird auch wesentlich zu Kassels künftigem wirtschaftlichem Erfolg beitragen – leistungsfaähige Fachkräfte bevorzugen hochkaraätige Lebensräume in der Stadt und keine rückwärtsgewandte Politik der Stadtautobahnen.

Mit freundlichen Grüßen,

Prof. Dr. Uwe Altrock
Prof. Dr. Ulf Hahne
Dieter Hennicken
Prof. Dr. Helmut Holzapfel
Prof. Dr. Lutz Katzschner
PD Dr. Harald Kegler
Prof. Dr. Carsten Keller
Prof. Christian Kopetzki
Prof. Rainer Meyfahrt
Prof. Julian Petrin
Prof. Dr. Cyrus Zahiri

für das Institut für Urbane Entwicklungen an der Universität Kassel

Trackbacks

Keine Trackbacks

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Anonym am :

Was in dem offenen Brief fehlt, ist eine Forderung an Seidenfaden, angesichts der mittlerweile unterirdischen Qualität "seiner" Lokalzeitung, endlich seinen Hut zu nehmen.

Wolfgang am :

Dummer Populismus, gespeist von der Autolobby und gezielt auf das tumbe Wahlvolk, das denjenigen seine Stimme gibt, die es ihm ersparen, den fetten Hintern weiter als bis zum Auto zu schleppen.

Und da muss die HNA natürlich in die gleiche Kerbe hauen. Unterirdisch, in der Tat.

Kommentar schreiben

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.
Um einen Kommentar hinterlassen zu können, erhalten Sie nach dem Kommentieren eine E-Mail mit Aktivierungslink an ihre angegebene Adresse.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

BBCode-Formatierung erlaubt
Formular-Optionen