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Deutschlandtreffen der Landsmannschaft Ostpreußen

In knapp zwei Wochen organisiert die Landsmannschaft Ostpreußen ihr „Deutschlandtreffen“ auf dem Messegelände in Kassel. Das Zusammentreffen des Vertriebenenverbandes, welches im Dachverband des BDV (Bund der Vertriebenen) untergegliedert ist, findet alle drei Jahre an unterschiedlichen Orten statt.

Unter dem Motto „Ostpreußen hat Zukunft“ werden auch dieses Jahr tausende BesucherInnen auf dem Messegelände erwartet. Das erklärte Ziel der Landsmannschaft ist es, Ostpreußen als Teil des historischen Deutschlands im Bewusstsein des „deutschen Volkes“ zu verankern. Das Zusammentreffen tausender deutschnationaler GeschichtsrevisionistInnen unter dem Deckmantel der Brauchtumspflege und Erinnerungskultur an Flucht und Vertreibung wird im Jahr 2014 in Kassel jedoch nicht unkritisiert bleiben.
Neben allerlei Reden, Vorträgen und kultureller „Brauchtumspflege“ präsentieren im Rahmenprogramm der Deutschlandtreffen zahlreiche Aussteller ihre Großdeutschland-Devotionalien und „ostpreußische Spezialitäten“, die jedes Vertriebenenherz höher schlagen lassen. Man schaut sich gemeinsam Fotos und Videos von ostpreußischen Städten, Wäldern, Seen und Elchen an und verliert sich in einer Mischung aus Heimweh und Selbstmitleid. Die regelmäßigen Treffen dienen dabei nicht nur der Vernetzung und Festigung der Struktur nach Innen, sondern auch der eigenen Rückbesinnung auf die verlorene Heimat. In großer Gemeinschaft soll für die ihrer Heimat beraubten BesucherInnen die Möglichkeit geboten werden, auch in Deutschland unter Gleichgesinnten zu sein, sich endlich wieder als Ostpreußen zu fühlen.

So werden am Sonntag die BesucherInnen ihren Ostpreußenexperten Arnulf Baring bei seiner Festtagsrede auf dem Ostpreußentag lauschen dürfen. Baring sagte 2011 in der "Münchener Runde" des bayrischen Rundfunks, dass er den Nazismus für eine linke Bewegung hält. Trotz Geschichtsrevisionismus, Leugnung der deutschen Kriegsschuld und einer Selbstinszenierung als wehrlose Opfer der als imperialistisch umgedeuteten Alliierten, wird die Landsmannschaft Ostpreußen von hochrangigen PolitikerInnen hofiert.

Wenig verwunderlich ist ebenso, dass es bei der ostpreußischen Landsmannschaft verbindungen zur aktiven (regionalen) Neonaziszene gibt, so schwärmte die Landesgruppe NRW der Landsmannschaft in einem ihrer internen Rundschreiben für die NS-verherrlichenden Denkmäler auf dem privaten Anwesen Thorsten Heises, seineszeichens Multifunktionär der überregionalen Neonaziszene. Heise ist seit Jahren Mitorganisator des „Eichsfelder Heimattages“, ein Rechts-Rock Open-Air in Westthüringen, und steht auf der 2012 veröffentlichten Liste der Personen mit nachgewiesenem Kontakt zum NSU. Auch ein vermeintliches „Kultur- und Tagungszentrum“, für das die Landsmannschaft warb, entpuppte sich als Anwesen der notorischen Holocaustleugnerin Urusla Haverbeck-Wetzel. Diese trat zuletzt 2013 bei der Jacob Grimm Gedenkveranstaltung von "Die Rechte" in Spiekershausen (Landkreis Göttingen) als Rednerin auf.

Mit ihrem Geschichtsrevisionismus liegt die Landsmannschaft Ostpreußen weiterhin voll im europäischen Trend. Auf Grundlage der Totalitarismustheorie führte das Europäische Parlament im September 2008 den “Europäischen Tag des Gedenkens an die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus” ein. Mit diesem Versuch, Opfer stalinistischer als auch nationalsozialistischer Gewaltherrschaft in einer Formulierung zu summieren findet sodurch nicht nur eine Gleichsetzung sondern ebenso ein Verdrängen der historischen Singularität der Shoah statt.

Doch gegen das geschichtsrevisionistische Weltbild der Landsmannschaft Ostpreußen und ihre Verbindungen in die organisierte Naziszene formiert sich Protest. Das Kasseler Bündnis gegen Rechts hat für Sonntag den 18. Mai um 9 Uhr eine Kundgebung vor dem Messegelände angemeldet. Zur selben Zeit beginnt in der Rothenbach-Halle das Abschlussprogramm des Deutschlandtreffens.

In diesem Zusammenhang findet am 15. Mai 2014 um 19 Uhr eine Informationsveranstaltung zum Thema Landsmannschaft Ostpreußen und ihr Deutschlandtreffen in Kassel im Kasseler DGB-Jugendclub statt.


weitere Infos unter: http://ostpreuszen.noblogs.org

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Kommentare

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MR am :

Es gehen hier wohl zwei Sachen durchnanner. Ich liebe "ostpreußische Spezialitäten"; bei ihrer Nachkochung oder ihrem Verzehr schlägt mein Herz nicht höher (fehlgegriffene Metapher zu Denunziationszwecken!), sondern das kann jeder crossover-kulturell genießen. Sodann sollte man einfach nicht über den Kern der Sache hinwegziehen, dass die aus ihrer Heimat vertriebenen einen schweren Schmerz erlitten haben. Dem Teil davon, der dem Führer der Hauptverursachung gefolgt ist, 'geschieht das recht'; dem anderen eben nicht. Die Vermischung mit dem sog. Revanchismus, der seine Ostgebiete - mit Gewalt oder Kapital - wiederhaben will, ist hier völlig unzulässig. (Übrigens waren die Nazis natürlich links: N-S o z i a l i s m u s!!)

el maquinista am :

Aus persönlichem Augenschein weiss ich jedoch, da mein Nazi-Opa mich auf so eine Veranstaltung mitgeschleppt hat, auf der ich mehr über meine(sic!) Heimat erfahren sollte, dass dort jede Menge Revanchismus gepflegt wird: Völlig grundlos ist der Russe gekommen, und hat uns unsere Heimat weggenommen. Und das kann nicht sein. Und muss wieder rückgängig gemacht werden!

Kaliningrader Klopse mag ich übrigens auch gern.

MR am :

Meine persönliche Anschauung vertrieb mich als Oberstufenschüler vor rund 50 Jahren auf eine Veranstaltung der Heimatvertriebenen, zu der mich mein Klassenlehrer geschickt hatte. Dort durfte ich als Vertreter der "Jugend" auch mal das Wort ergreifen, und da fragte ich so sinngemäß, warum man denn diese Gebiete wiederheben wolle? Die könnte man diesen Menschen doch lassen? Ich wurde dann doch nicht gelyncht, weil es schon 1966 war. - Übrigens halte ich das Aussprechen des Wortes "Keenigsberjch" nach wie vor für korrekt.

Heike Rohmann am :

"Kaliningrader Klopse" soll wohl politisch korrekt sein?? Wer sich auskennt, weiß, dass sehr viele, wohl die meisten Einwohner des heutigen Kaliningrads lieber von Königsberg oder "Kenig" sprechen, da ihnen die Benennung nach dem Kalinin, einem der allerschlimmsten Schreibtischtäter unter Stalin, selbst unangenehm ist. U.a. hat der die Massenmorde von Katyn zu verantworten - wer damit nichts anfangen kann, frage mal einen Polen danach. Ich glaube, dass der Artikel von Steffan Wenzel auf einem großen Missverständnis und den alten Ressentiments beruht. Der Landsmannschaft würde ich auch nicht beitreten wollen, aber insgesamt sind die Ostpreußen und ihre Nachkommen politisch sehr vielfältig und viele pflegen die allerbesten Beziehungen zu den Menschen, Polen, Russen, Litauer, die nun in den ehemaligen ostpreußischen Gebieten wohnen, tun dabei viel für die polnische / russische / baltische Verständigung. Das sieht man z.B. in der internationalen, mulilingualen und mulitkulturellen Facebook-Gruppe "Tolerantes Ostpreußen" - ein äußerst treffender Name :)

Bewulf Hering am :

Die Landsmannschaft Ostpreußen vertritt zweifelsohne ein geschichtsrevisionistische Weltbild. Dazu braucht man z.B. nur mal die Texte auf den Seiten der BJO zu lesen.
Schlimm eigentlich, dass die "ältere Generation der Vetriebenen" quasi wieder zum Opfer wird. Diesmal vor den Karren rechtslastiger Funktionäre gespannt.
Noch schlimmer aber finde ich die Berichterstattung der HNA, wo in Wort, Bild und Kommentar den Verfechtern geschichtsrevisionistischer Ansichten noch in die Hände gespielt wird. Absicht oder Dummheit?

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