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Das Imperium will uns zurück!

Mit einer einzigartigen Initiative versucht die Vertriebstocher von E.ON Mitte ihre abgesprungenen Privatkunden zurück zu gewinnen. Offenbar ist die Zahl der umweltbewussten Stromkunden, die sich einen anderen, ökologisch orientierten Versorger gesucht haben, an die Schmerzgrenze gekommen.

Dem ehemaligen E.ON Kunden, dessen Adresse der Konzern aufgrund des von ihm betriebenen Netzes noch hat, flattert dieser Tage eine nett aufgemachte Broschüre und ein personalisiertes Schreiben sowie Antragsformulare und Geschäftsbedingungen ins Haus.
Aufmacher: „Jetzt zurückkommen und 95 Euro Bonus sichern.“
In bester Reklame-Manier liest man dort: „Jetzt zurückkommen und tolle Vorteile sichern.“
Ein Blick auf die Liste der „tollen Vorteile“ ist ernüchternd: Da wird von attraktiven Konditionen fabuliert – hiervon wird noch die Rede sein. Dann preist man den persönlichen Service, die bequeme Kontoverwaltung und die umfassenden Neuigkeiten, die es frei Haus gibt. Der Rest sind Allgemeinplätze über die Zukunft, den regenerativen Strom, die Kompetenz und Erfahrung, der Kundenservice und das regionale Engagement. Letzteres besteht, wie wir aus der Zeitung wissen, aus lauthals propagierten Scheckübergaben an Vereine und ähnlichen Show-Effekten.

Keines dieser Argumente ist auch nur im entferntesten ein Alleinstellungsmerkmal von E.ON, es handelt sich durchweg um sogenannte „me-too“-Argumente. Man zeigt nämlich lediglich, dass man diesen Leistungsaspekt natürlich auch anbietet. Und das kann ich als Verbraucher ja wohl mit Fug und Recht erwarten!

Warum also sollte ich reumütig zu E.ON zurück kommen?
Genau: Da lockt der 95 Euro-Bonus! In einer hübschen Vergleichstabelle wird vorgerechnet, dass der E.ON Kunde am besten – also am billigsten – bedient wird. Gegenüber dem teuersten Anbieter der Auswahl um gute 70 Euro im Jahr. Das ist schon ein Wort in Zeiten klammer Haushaltskassen. Aber Achtung, jetzt kommt das Kleingedruckte. Dieser hübsche kleine Staunepreis gilt natürlich nur im ersten Jahr, weil da der Bonus verrechnet wird. Geht man für die Folgejahre vom gleichen Verbrauch aus, ist E.ON rund 22 Euro teurer als der teuerste der aufgelisteten Anbieter! Damit hat sich der Atomkonzern in gut vier Jahren den Bonus klammheimlich zurück geholt.

Also wird man mal wieder für dumm verkauft. Bestimmt ist das juristisch abgesichert, denn es steht ja alles im Prospekt, man muss es nur lesen und verstehen. Aber genau genommen ist die ganze Aktion eine Frechheit.

Bleibt noch die Frage nach der ökologischen Seite des Deals. Hier werden Vergleiche angestellt, die auch Fragen aufwerfen, aber leider keine weiteren Erklärungen geliefert. So ist der Anteil Sonstiger Erneuerbarer Energien (nicht EEG-gefördert) für E.ON Mitte dreimal so hoch wie der Bundesdurchschnitt aller Anbieter. Dafür ist der Kernenergieanteil knapp zehn Prozent niedriger. Also reime ich mir mal etwas zusammen: Da das Edersee-Kraftwerk im Bereich von E.ON Mitte liegt und unter Sonstige Erneuerbare fällt, und wir hier kein AKW haben, sind diese Zahlen vielleicht zutreffend – aber keineswegs überzeugend. Man kann nämlich keine Schlussfolgerung im Sinne einer Bewertung daraus ableiten, denn es werden Äpfel mit Birnen verglichen.

Schließlich stellt sich auch noch die Frage des Datenschutzes. Dass E.ON Mitte als Netzbetreiber meine Adresse kennt, ist die eine Seite. Denn das Netz geht bis zu meinem Stromzähler. Aber ist das Unternehmen auch befugt, diese Adresse an eine andere Konzerngesellschaft weiter zu geben?

Es wäre interessant zu erfahren, wie viele reumütige Rückkehrer diese Aktion gebracht hat. Vielleicht macht E.ON demnächst eine Pressekonferenz und präsentiert die Erfolgszahlen?

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Kommentare

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Bernd Eberhardt am :

wenn doch bloß noch mehr gelernt hätten, Reklame richtig zu interpretieren. Jüngst las ich in einem Kasseler Magazin eine Werbung von e.on (die als solche nicht eindeutig gekennzeichnet ist), das der gütige Regionalversorger 272 Millionen Euro Einspeisevergütung ausgezahlt hat. Hört sich so an, als hätte man das mildtätig vom eigenen Konto abgezwackt. Ist aber eigentlich nur ein Durchreichposten, der vorher über die EEG-Abgabe von jedem privaten Stromkunden bezahlt wird.

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