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0-1-0-1-0-1-Gehirne im Alltagsleben

Man kann verstehen, dass unsere fortschrittlichen Wissenschaftler in den 1930er und 1950er Jahren vom binären Prinzip als Grundlage für das Computerwesen begeistert waren. Nicht verstanden habe ich die daraus folgende und heute perfekt werdende Durchbinarisierungssucht auch eines so sympathischen Protagonisten wie Gregory Bateson ("The difference that makes a difference").
Die Computerisierung der Menschengehirne und Sozialverhältnisse hat nämlich konkrete Alltagsfolgen. Allzu bekannt ist ja die Schwerarbeit beim Durchwählen zu Betrieben und Institutionen - incl. Warteschleife, während der mir der Kontakt über email nahegelegt wird, damit ich nicht warten muss. (Leider bekomme ich dann keine Antwort oder muss mich im "Kundenportal" registrieren lassen...) Ist nun die Sammelnummer im Callcenter dran und man äußert in präziser Darstellung und konkretem Ergebniswunsch ein etwas außerhalb der Reihe liegendes Problem, dann kommt das große Kannitverstahn. Man zitiert Datum und Inhalt eines vorliegenden Schreibens: Die Telefonistin kann von ihrem Arbeitsplatz da nicht hineinschauen, sie wird Kollegen benachrichtigen. Es vergeht eine Woche, heute also der zweite Versuch, der dann nach längerem Hin und Her und Hartnäckigkeit doch noch zum Ergebnis führt.
Eigentlich wäre die Kybernetik, z.B. in der Anwendung auf soziologische Systemtheorie (zB Luhmann) ja gut geeignet, mit undurchschaubar scheinenden Komplexitäten umzugehen. In ihrer Entweder-Oder-Erscheinung macht sie nichts Anderes als auf uralte zweiwertige Logik zurückzuschrumpfen (Entweder A oder Nicht-A, ein Drittes gibt es nicht). Damit werden alle Mehrdeutigkeiten, Paradoxien, "analoge" Verhältnisse und fließende Übergänge "komplexitätsreduziert", eigentlich ausgerottet. Das hatten wir ja schonmal, als Bürokratieprinzip: "Ist nicht mein Ressort, das bearbeitet der Kollege" etc. Derselbe Effekt bei durchrationalisierten und "verschlankten" Unternehmen. Auch bei meiner Suche nach einem Dokter"vater" vor Ewigkeiten hieß es meistenteils: Das fällt nicht in meinen Lehrstuhl. Ich landete also bei einem, bei dem sich genau diese abgelehnten Arbeiten auf dem Tisch häuften - und das waren nicht die Schlechtesten.
>> Es ist nicht alles 0-1, was glänzt. Man muss also den Ausweg suchen und an Techniken feilen, damit dem Entweder-Oder-Wahn der Garaus zu gemacht wird. Es ist unsere Zeit und unser Nerv, den das "Man" ruiniert.

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Kommentare

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Helmut am :

Schlechten Service können Sie auch ganz analog bekommen, gehen Sie in irgendeinen Billigmarkt. Ahnungslose, überforderte, abwesende und unwillige Berater. Der beschriebene Mißstand zeigt nämlich eins: Knausrige Kunden bekommen miesen Service, mit oder ohne diesem "Digitalen", von dem man jetzt so viel hört.

Also: Nicht 0-1-0-1- Gehirne, sondern Sparmaßnahmen. Den Computern tun Sie, nebenbei bemerkt, schrecklich unrecht, sind sie doch in der Lage, die analoge Welt feinstens aufzulösen und abzubilden, ja sogar in der "Fuzzy Logic" gar mit "irgendwie" und "eher mehr".

MR am :

Weniger biased lesen wäre erfreuend. Es ging nicht um schlechten Service, sondern die Auswirkungen der zweiwertigen Logik und der daran anknüpfenden binären Schematisierung, die sich über entsprechende organistorische Maßnahmen in Betrieben und Instituionen und vor allem über die damit verbundenen Denkmuster der Mitarbeiter direkt ins Alltagsleben umsetzt. Das "Können" von Informatik und technischer Umsetzung wurde weder berührt noch in Zweifel gezogen. Das wäre ja so, als würde man das Können Norbert Wieners betreffs Umsetzung nichtlinearer Gleichungen in Raketentechnik in Zweifel ziehen!

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