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Weihnachten… Seufz!

Heute Mittag am Bebelplatz: Ein leicht angegrauter Vater hat sein Töchterchen "Modell Prinzessin" an der Hand. Gewandet in ein weißes Ballettröckchen nölt der Spätgebärendennachwuchs mit weinerlicher Stimme seinen Erzeuger voll.
Irgendwas ist nicht in ihrem Sinne gelaufen und der Vater muss arg an sich halten, weil er den Wünschen, die die junge Dame jetzt einen Tag vorm Weihnachtsfest artikuliert, partout nicht folgen will. Warum der Tochter gerade jetzt dies und jenes erst jetzt einfalle, fragt er die kleine Drama-Queen, was selbstredend natürlich wie ein ungeheurer Kindergenöleverstärker wirkt.
Vor dem Ex-REWE hat der Vater die Familienkutsche geparkt. Während die Kleine misslaunig zur Beifahrertür marschiert, hält er vor der Fahrertür stehend inne, guckt in den Himmel, verdreht einmal kurz die Augen und seufzt.

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Kommentare

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Dr. Schreber am :

Diese Eltern erzeugen sich ihre Tyrannen selbst. Im sozialarbeiterischen Diskussions- und Winselduktus der 70er Jahre, alles verstehend, alles besprechend. Was diese Berufsgruppe an Schaden verursacht hat, würde mich, am Rande bemerkt, auch mal interessieren.

Schreiber am :

Also, ich finde, der Vater hat hier einen angemessenen Job abgeliefert: Dem Nachwuchs seine Grenze aufgezeigt ohne dabei laut oder autoritär zu werden, um dann seine kleine Drama-Queen im Auto zu ertragen.
Jeder in der Brutaufzucht tätige - ob nun Sozialarbeiter oder nicht - weiss, was das bedeuten kann.

MR am :

Die Parodie ist nicht nur politisch, sondern auch sachlich inkorrekt. Zumindest Vater Dr. Schreber - der mit dem Schrebergarten, nicht der verrückt gewordene Sohn, Landgerichtspräsident -, ist als Erfinder der Gradhaltungsschnür- (ergo Folter-)Maschinen für Kinder wohl kaum als Lebens-Hineinleitungs-Vorbild brauchbar.

MR am :

Darüber gibt es genügend Erkenntnisse, die wir hier verschweigen. Denn wenn alle das Gleiche machen, sollte man sich keine besondere Berufsgruppe zum Draufdreschen herausgreifen. - Allerdings wieder eine kleine Sprachkorrektur: Es muss "Windelduktus" heißen (entsprechend: "cocooning").

Orion am :

Ich finde, die Miniatur von Klaus Schaake ist gut beobachtet und gut geschrieben. Es ließe sich viel aus der Kiste "bewusste Elternschaft" oder "zwangfreie Erziehung" u.ä. dazu heraus holen. Muss aber nicht sein.
Wer selber Gören großgezogen hat, liest den Text mit Vergnügen und Mitgefühl.

Klaus Schaake am :

Danke für die Blumen!

Anna Kuszynska-Behrendt am :

Könnte es sein, dass der kleine Mensch auf einer geheimen Frequenz geschrien hat: "Sag mir was ich tun soll, wie ich mich zu benehmen habe. Zeig mir den Weg!" ...???

Richard Kallok am :

Wenn es um irgendeinen einzelnen Vater oder ein einzelnes Kind ginge, könnte man sich Kommentierungen des kurzen Berichts ersparen. Es geht offensichtlich um ein gesellschaftliches Phänomen und das an dessen Herausbildung eine letztlich völlig irrelevante Berufsgruppe, wie die der Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen, massgeblich beteiligt war, ist eine irreführende Behauptung. "It`s the economy" - der Spätkapitalismus hat in den Zentrumsstaaten den Konsum zur entscheidenden Triebfeder des ökonomischen und gesellschaftlichen Lebens gemacht. Kinder und Jugendliche sind die "bereitwilligsten" Opfer einer weitgehenden Ökonomisierung des Sozialen. Aus Platzgründen erspare ich mir weitere Ausführungen und verweise auf zwei wichtige Bücher i. d. Zusammenhang: Zygmunt Bauman, Leben als Konsum; Werner Seppmann, Dialektik der Entzivilisierung. Ein längeres aktuelles Interview mit Seppmann findet sich auch bei tp.de .

MR am :

Immer wieder faszinierend zu lesen die grüne "Systemkritik" aus der alten Werkzeugkiste. Dass die "Ursache" für Crash und Konflikt immer woanders (und bei einer fiktiven Größe namens "System", "Gesellschaft") ist, ist leider ein bleibender Systemschaden einer k/Kritischen Theorie. Die "objektiven Bedingungen" und die konkreten Aushandelungen der Einzelmenschen sind immer eine konkrete und historisch variable Sache. In der Tat: Niemand der Kinder nicht aufgezogen hat weiß, was es heißt, dem inhalierten Konsumdruck zu widerstehen. Und zwar in einer Weise, die was vom verführerischen und verführten Wünschen versteht.

Klaus Schaake am :

Mit Begeisterung stelle ich fest, welche Interpretationsmöglichkeiten diese klitzekleine Alltagsbeobachtung doch bereitzuhalten vermag. Weiter so!

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