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Medien: Publikations- und rezeptionswillige, vereinigt euch!

Die Kritik der Mündender Flughafen-Gegner zog einen Kommentarfaden zur nordhessischen Medienlandschaft nach sich. Wie es - auch ökonomisch - gehen könnte, die Region mit unabhängigen Medien zu bereichern, darüber herrscht Ratlosigkeit. Nach wie vor. Die Publikationsverweigerung, die sich in einem erklärten Mitmach-Medium wie kassel-zeitung darstellt bzw. gerade nicht darstellt, macht nicht weniger ratlos.
Gedankensplitter aus einem Beitrag mit dem Titel "Der Mensch an sich veröffentlicht nicht", den Martin Reuter und Klaus Schaake für das Buch "Linke Kommunikation - Kommunikation mit links?" verfassten unter …mehr als kleine Anregung zur Debatte.
Die Überschriften dienen der Orientierung und finden sichin dem Originalbeitrag so nicht .
Meinungsvielfalt und Grundgesetz
(…)
Das Publikationsbild in Kassel ist bundesrepublikanisch ganz typisch: Nach den bekannten, nicht nur nationalen, sondern auch internationalen Konzentrationsprozessen nur noch eine Tageszeitung mit Mantel- und den entsprechenden Lokal- und Regionalteilen.
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Ob das mit der freien Verfügbarkeit von Informationen und „Meinungsvielfalt“ zu tun hat, die das Grundgesetz meint? Zur Erinnerung: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“

Fünfstelliger Abonnenten-Stamm illusorisch
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In großen Gesellschaften ist es nicht mehr möglich, dass jeder Mensch sein ‚Weltbild’, sein Urteil und seine gesellschaftliche Aktivität auf unmittelbare Wahrnehmungen und Erfahrungen basieren kann. Man ist also auf Vermittlung angewiesen. Und diese Tätigkeit muss weiterhin geschätzt, aber auch in ihrer Wirkungswiese verstanden und in ihren Kosten realistisch betrachtet werden.
Im Print bedeutet das heutzutage so etwas wie die Quadratur des Kreises. Der Rezipient ist verwöhnt und wenig willens, die von ihm gewünschten Informationen und Hintergründe bzw. jene, die sie stellvertretend für ihn produzieren, angemessen zu honorieren. Eine kleine, nicht-repräsentative Umfrage im monopolkritischen Milieu ergab, dass man für eine gedruckte, weitgehend werbefreie und unabhängige lokale Wochenzeitung im Schnitt zwischen 1,50 und zwei Euro zu zahlen bereit ist. Es bräuchte unter diesen Voraussetzungen einen fünfstelligen Abonnenten-Stamm, damit sich dieses Projekt trüge. Das ist illusorisch.

Kreatives Potenzial für Umsetzung vorhanden
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Für eine komplett werbefinanzierte Publikation allerdings ein sehr schmaler Grat, denn „Markt“ und „Publikation“ sind in diesem Fall ‚Rivalen’.
Die intelligente und pragmatische Weiterentwicklung der Mischmodell-Strategie könnte hier in die druckende Zukunft weisen: Werbung plus Sonderveröffentlichungen finanzieren die nicht zu unterschätzenden Grundkosten für Produktion und Logistik. Mäzene oder die Leser selbst, denen die Medienvielfalt ein Anliegen ist, versetzen eine unabhängige Redaktion in die Lage, von ihrer Leserschaft gewünschte Themen professionell und fundiert umzusetzen. Hinreichend kreatives Potenzial, fähige Journalisten und Projektentwickler wären für ein solches Modell zweifellos vorhanden.

Neuer Ton mit Online-Zeitungen möglich
(...)
Einen ganz neuen Ton bringen die Online-Zeitungen ins Spiel. Während das Offizial-Blatt sich selbstverblendet für Öffentlichkeit hält und diese schicke Internet-Möglichkeit nur nachahmen kann, bietet sie wirklich ein Spielfeld unerhörter und ungesehener Experimente. Das Spannende ist die Spanne von sachlichster Nachrichtenarbeit bis zur persönlichsten Meinung („Blog“), die von den Teilnehmern mit Hilfe des Content Management Systems nach einiger Einübung selbst erstellt wird. Ich kann ebenso eine Allgemeinheit bildende Nachricht wie einen persönlichen Eindruck von der Straße transportieren. Wer mit der Offizial-Zeitung nicht zufrieden ist, macht sich eben seine eigene…
Bei kassel-zeitung ist damit aus dem Fast-Nichts – ein techno-maschinistischer Kümmerer muss natürlich dabei sein – eine Öffentlichkeit entstanden, die über erstaunliche Redakteurs-Anmeldungen und Zugriffszahlen läuft. Eher erschütternd ist festzustellen, wie hoch die Äußerungsbarrieren immer noch sind.

Informationsverbreitung als notwendiges "Lebensmittel"?
(…)
Das Dilemma lautet: Eine qualitativ gute und präzise Publizistik (einschließlich einer ebenso guten Unterhaltungsabteilung) ist sehr teuer. Wer kann sich noch eine unabhängige Vollredaktion leisten? Wer den Test (siehe oben) macht, wird bemerken, dass die größten Moserer die knausrigsten Geldausgeber sind. Wir können zukünftig nur hoffen, dass die Informationserhebung, die Verbreitung und die Unterhaltungen zu den täglich nötigen Lebensmitteln erklärt und entsprechend gepflegt behandelt werden. Bis dahin wird man mit dem alltäglichen Schmonzes der Tageszeitung und der Anzeigenblätter leben müssen.



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Kommentare

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Robert am :

Ihre Schätzungen zur Finanzierung einer gedruckten Alternative zum Status Quo sind sehr interessant und decken sich mit Angaben einer hessischen Tageszeitung, die ich vor einigen Jahren auf einen Regionalteil Nordhessen angesprochen hatte. Eine fünfstellige Leserschaft braucht es auch bei einer Tageszeitung (sie haben ja nach einer Wochenzeitung gefragt) zur Kostendeckung, wobei in meinen Augen Wochenzeitungen und Magazinen die Printzukunft gehört. Rechnet der wechselwillige Leser allerdings einmal seine aktuellen Abokosten (pro Monat) auf eine Wochenzeitung um, sollte die Zahlungsbereitschaft doch um einiges höher sein:

Ein HNA-Abo kostet 25 Euro und ermäßigt 17 Euro, die FR verlangt 33 Euro und ermäßigt 20 Euro, bei der TAZ ist man mit 36 Euro regulär, 23 Euro ermäßigt und 44 Euro als Unterstützer dabei. Auf eine Woche (ein Monat mit 30 Tagen hat 4,3 Wochen) herunter gerechnet bewegen wir uns daher in einem Bereich von 5 bis 8 Euro (ermäßigt 4 bis 5 Euro).

Die beispielhaft genannten Medien finanzieren sich allerdings auch durch Werbung, wobei die beiden bisherigen Printausgaben von Nordhessische.de gezeigt haben, dass es noch „frische“ Werbeetats in der Region gibt.

Dieser Aufruf hier ist gut und wird hoffentlich breit gestreut. Die Unzufriedenheit mit dem Monopol auf eine gedruckte Tageszeitung ist groß, das weiß die Redaktion der Zeitung auch, nur scheint mir bislang der Kondensationskeim für eine Alternative zu fehlen. Nur: Da (auch) von einer gedruckten Zeitung die Rede ist, reicht es nicht, die potenziellen Leser (oder gar Mäzene) ausschließlich online ansprechen zu wollen, sondern das muss (auch oder vielleicht sogar vor allem) im echten Leben geschehen! Neben Freunden und Bekannten denke ich dabei an existierende Printprojekte, wie z.B. eine künftige Printausgabe von Nordhessische.de oder das StadtZeit Magazin (Titelthema „Medien 3“?).

MR am :

"Kondensationskeim" ist eine wirklich originelle und begrüßenswerte Wortschöpfung! Sie weist außerdem darauf hin, dass "Projekte" normalerweise durch Kapitalgeber, Prominente, Management sowie Zug- und Arbeitspferde installiert werden, und dass dieses hier fehlt, bzw. eine originelle Vorstellung, die nicht auf der Alternative zwischen Proaktivität und Alternativität beruht. Die Kompromissidee einer "Kasseler Nichtallgemeinen Sonntagszeitung" ist da vom gedachten Objekt her schonmalwas.

Robert am :

Kurze Nachfrage zur Zahlungsbereitschaft: Bezog sich die Umfrage auf eine ausschließlich regionale Wochenzeitung oder auch mit überregionalen Nachrichten? Sprich soll man neben der Wochenzeitung noch eine überregionale benötigen?

Klaus Schaake am :

Ja, auf's Regionale. Eine Vollredaktion halte ich für noch illusorischer, zumal es überregional ja tatsächlich so etwas wie Pressevielfalt gibt, der man sich bedienen kann.

MR am :

übrigens wären zu den Publikationswilligen (s. Artikel-Überschrift) die Rezeptionswilligen wohl noch hinzuzufügen.

Klaus Schaake am :

Da haben Sie natürlich sehr recht, Herr Reuter! Das wird umgehend geändert.

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