Am 1.5.2011 beginnt für den deutschen Arbeitsmarkt die neue Zeitrechnung
Dass deutsche Industrieunternehmen häufig Ingenieure und Techniker suchen, das ist nichts Neues. Wie aber erklärt sich die Intensität, mit der uns die Medien zur Zeit mit einem angeblich grundsätzlichen "Fachkräftemangel" in Deutschland konfrontieren?
Am 1.5.2011 wird der deutsche Arbeitsmarkt für Menschen aus den mittelosteuropäischen EU-Ländern geöffnet. Arbeitgeber möchten sich die erwartete Zuwanderung junger, motivierter und vor allem billiger Arbeitskräfte zu Nutze machen. Die Medien sollen, ohne zunächst konkret auf den 1.5. und seine Auswirkungen einzugehen, die Bevölkerung davon überzeugen, dass Zuwanderung von Menschen, zumal solchen aus "unserem Kulturkreis", allen dienlich ist.
Aber was ist denn tatsächlich nach dem 1.5.2011 zu erwarten? Ein Blick nach Polen ist aufschlussreich.
Am 1.5.2011 wird der deutsche Arbeitsmarkt für Menschen aus den mittelosteuropäischen EU-Ländern geöffnet. Arbeitgeber möchten sich die erwartete Zuwanderung junger, motivierter und vor allem billiger Arbeitskräfte zu Nutze machen. Die Medien sollen, ohne zunächst konkret auf den 1.5. und seine Auswirkungen einzugehen, die Bevölkerung davon überzeugen, dass Zuwanderung von Menschen, zumal solchen aus "unserem Kulturkreis", allen dienlich ist.
Aber was ist denn tatsächlich nach dem 1.5.2011 zu erwarten? Ein Blick nach Polen ist aufschlussreich.
Im Unterschied zu Deutschland ist dort die Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes ein heisses Medienthema. Erst gestern berichtete die mit Millionen-Auflage in Grossstädten kostenlos verteilte Zeitung "Metro", dass in Deutschland 3 Mio. Arbeitnehmer fehlen und der deutsche Wirtschaftsminister plane, polnische Arbeitskräfte mit einem Begrüssungsgeld anzuwerben.
Das ist möglicherweise Unsinn, aber es ist Teil einer Kampagne eines Deutschland geneigten Verlages, mit der Menschen zur Arbeitsaufnahme in Deutschland bewegt werden sollen. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass sich allein in Polen Hunderttausende mit der Frage befassen, ob für sie eine dauerhafte oder temporäre Arbeitsemigration ins westliche Nachbarland sinnvoll und realistisch ist.
Und das hängt eben mit der Einkommenssituation und den sozialen Verhältnissen in dem von neoliberalen Meinungsmachern oft gelobten "Reformstaat" Polen zusammen. Die Löhne in den hochproduktiven Industriebetrieben, die meistens westlichen Konzernen gehören, liegen bei ca. einem Drittel des deutschen Niveaus. Der Mindestlohn, der für Arbeitnehmer im Dienstleistungsbereich auch oft Regel-Lohn ist, beläuft sich auf 340 Euro brutto. Das i. d. R. für ein Jahr gezahlte Arbeitslosengeld liegt unter 200 Euro. Ein Recht auf Sozialhilfe gibt es nicht. Nach dem EU-Beitritt 2004 haben bereits über 2,2 Mio. Polen ihr Land, vor allem Richtung Grossbritannien, verlassen.
Doch welche Arbeitskräfte suchen deutsche Arbeitgeber eigentlich in Polen? Ganz offensichtlich weniger die beschworenen Fachkräfte, als vielmehr Arbeitskräfte, die in den gesellschaftlichen Sektoren eingesetzt werden können, in denen die Arbeitsbelastungen hoch und die Löhne niedrig sind. Infoseite-Polen berichtet in diesem Zusammenhang über das polnische Internetportal "Arbeit-im-Ausland", in dem täglich ca. 10 Stellenangebote aus Deutschland eingehen: Altenbetreuerinnen und -pflegerinnen, Krankenschwestern, Bauarbeiter, Schlachthof-Arbeiter, Kraftfahrer, Gastronomiegehilfen, Haushaltshilfen usw. .
Die Öffnung des Arbeitsmarktes für Polen, Tschechen, Slowaken, Ungarn sowie, ab 2013, Rumänen und Bulgaren wird in vielen Unternehmen den Ausleseprozess verstärken. Menschen verlieren gesichertes Einkommen, und oftmals auch ihre gesellschaftliche Rolle und ihren sozialen Halt. Die Arbeitsmarkt-Bürokratie wird sich mit "neuen Fällen" beschäftigen können.
Gesellschaftliche Kosten entstehen aber auch in den Abgabeländern der neuen Arbeitsemigration. Familien werden auseinander gerissen. Es gehen die Jungen und oftmals gut Qualifizierten. Bei vielen Zurückbleibenden zeigen sich Frustration und Aggression. - Aber das sind eben gesellschaftliche Kosten, die in keiner betriebswirtschaftlichen Kosten- und Gewinnrechnung auftauchen.
Das ist möglicherweise Unsinn, aber es ist Teil einer Kampagne eines Deutschland geneigten Verlages, mit der Menschen zur Arbeitsaufnahme in Deutschland bewegt werden sollen. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass sich allein in Polen Hunderttausende mit der Frage befassen, ob für sie eine dauerhafte oder temporäre Arbeitsemigration ins westliche Nachbarland sinnvoll und realistisch ist.
Und das hängt eben mit der Einkommenssituation und den sozialen Verhältnissen in dem von neoliberalen Meinungsmachern oft gelobten "Reformstaat" Polen zusammen. Die Löhne in den hochproduktiven Industriebetrieben, die meistens westlichen Konzernen gehören, liegen bei ca. einem Drittel des deutschen Niveaus. Der Mindestlohn, der für Arbeitnehmer im Dienstleistungsbereich auch oft Regel-Lohn ist, beläuft sich auf 340 Euro brutto. Das i. d. R. für ein Jahr gezahlte Arbeitslosengeld liegt unter 200 Euro. Ein Recht auf Sozialhilfe gibt es nicht. Nach dem EU-Beitritt 2004 haben bereits über 2,2 Mio. Polen ihr Land, vor allem Richtung Grossbritannien, verlassen.
Doch welche Arbeitskräfte suchen deutsche Arbeitgeber eigentlich in Polen? Ganz offensichtlich weniger die beschworenen Fachkräfte, als vielmehr Arbeitskräfte, die in den gesellschaftlichen Sektoren eingesetzt werden können, in denen die Arbeitsbelastungen hoch und die Löhne niedrig sind. Infoseite-Polen berichtet in diesem Zusammenhang über das polnische Internetportal "Arbeit-im-Ausland", in dem täglich ca. 10 Stellenangebote aus Deutschland eingehen: Altenbetreuerinnen und -pflegerinnen, Krankenschwestern, Bauarbeiter, Schlachthof-Arbeiter, Kraftfahrer, Gastronomiegehilfen, Haushaltshilfen usw. .
Die Öffnung des Arbeitsmarktes für Polen, Tschechen, Slowaken, Ungarn sowie, ab 2013, Rumänen und Bulgaren wird in vielen Unternehmen den Ausleseprozess verstärken. Menschen verlieren gesichertes Einkommen, und oftmals auch ihre gesellschaftliche Rolle und ihren sozialen Halt. Die Arbeitsmarkt-Bürokratie wird sich mit "neuen Fällen" beschäftigen können.
Gesellschaftliche Kosten entstehen aber auch in den Abgabeländern der neuen Arbeitsemigration. Familien werden auseinander gerissen. Es gehen die Jungen und oftmals gut Qualifizierten. Bei vielen Zurückbleibenden zeigen sich Frustration und Aggression. - Aber das sind eben gesellschaftliche Kosten, die in keiner betriebswirtschaftlichen Kosten- und Gewinnrechnung auftauchen.
Kommentare
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MR am :
Richard Kallok am :
Zum anderen muss die Diskussion über eine europäische Sozialpolitik wieder geführt werden. Wenn die EU weiterhin nur als Steuerdumping fördernde (s. Irland) Interessenvertretung der grossen Konzerne agiert, sollte man den Verein auflösen.
MR am :