Ausbluten der beruflichen Ausbildung im Berufsbildungwerk Nordhessen?
Im Flugblatt der GEW-Schulgruppe an der Staatlichen Berufsschule im BBW-Nordhessen heißt es:
Keine Abwicklung der beruflichen
Ausbildung im BBW Nordhessen !!!
Seit dreißig Jahren bietet das Berufsbildungswerk Nordhessen und die Staatliche Berufsschule im BBW Jugendlichen, die auf dem freien Markt keinen Ausbildungsplatz bekommen, eine Berufsausbildung in den Bereichen Metalltechnik, Holztechnik, Ernährung/Hauswirtschaft, Wirtschaft und Verwaltung an.
Es ist ein Erfolgsmodell:
Fast alle Jugendlichen schaffen die Abschlussprüfung im ersten Anlauf; etwa 60 Prozent finden danach einen Arbeitsplatz; im Metallbereich sind es noch mehr – trotz Krise.
Dieses Erfolgsmodell droht nun zu scheitern
Denn die Arbeitsagentur Kassel, die die Ausbildung finanziert, kürzt in den letzten Jahren massiv:
Während in den Vorjahren jährlich rund 60 Jugendliche im BBW Kassel eine Ausbildung beginnen konnten, wurden 2008 nur 35 Plätze finanziert, 2009 nur 49 und 2010 trotz Zusagen (und vorhandener Gelder!) bis jetzt nur 39 Ausbildungsverträge – ein Drittel weniger.
Damit steht über kurz oder lang das Weiterbestehen des Berufsbildungswerkes als Angebot einer qualifizierten Berufsausbildung für Jugendliche auf dem Spiel.
Zu "Kosten und Nutzen" der Ausbildung in Berufsbildungswerken heißt es im druckfrischen Abschlussbericht des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln vom August 2010 ausdrücklich:
"Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es durch die berufliche Rehabilitation an Berufsbildungswerken in hohem Maße gelingt, Auszubildende trotz schwieriger Startbedingungen mit Behinderung und niedriger schulischer Vorbildung nicht nur erfolgreich zu einem Ausbildungsabschluss zu führen, sondern ihnen damit auch eine nachhaltige Integration in Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Die Berufsbildungswerke erfüllen damit eine wichtige bildungs- und gesellschaftspolitische Aufgabe (…)."
Davon scheint die Arbeitsagentur Kassel nichts wissen zu wollen: seit einiger Zeit informiert sie anscheinend die Jugendlichen in den berufsvorbereitenden Maßnahmen (BVJ, EIBE) an den Berufsschulen nicht mehr über ihr Recht auf eine berufliche Ausbildung; die Eltern sind kaum in der Lage, dieses Recht einzuklagen. – So hält man sich BewerberInnen vom Hals und kann Kosten einsparen.
Obwohl Politik und Wirtschaft nahezu täglich vor zukünftigem Facharbeitermangel warnen, obwohl der jüngste Berufsbildungsbericht die Problematik einer erheblichen Zahl von Jugendlichen ohne Lehrstelle hervorhebt, obwohl klar ist, dass ohne abgeschlossene Berufsausbildung die Chancen auf einen Arbeitsplatz und auf ein Leben ohne Sozialhilfe gering sind, und Städte und Gemeinden unter den wachsenden Kosten für Sozialhilfe ächzen, wird hier am falschen Ende gespart.
Für Zocker-Banken stehen locker hunderte Milliarden Euro Steuergelder zur Verfügung; da werden keine Produkte oder Dienstleistungen geschaffen, sondern es wird nur Geld hin und her geschoben. Für Investitionen in den einzigen "Rohstoff", den Deutschland besitzt, nämlich junge Menschen, fehlt es dann an Geld. – Das ist nicht hinnehmbar!
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